59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Zwei Seiten derselben Medaille: Rekrutierungserfolg und wahrgenommene Arbeitsbelastung in allgemeinmedizinischen Studien – Erkenntnisse aus der Studie „AgeWell.de“
2Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, AG Epidemiology & Population Brain Health, Leipzig, Deutschland
3Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Standort Rostock/Greifswald, Rostock, Deutschland
4Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Deutschland
5Profilzentrum Gesundheitswissenschaften (PZG), Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
6Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Allgemeinmedizin, Kiel, Deutschland
7Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Deutschland
8Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
Text
Hintergrund: Die Rekrutierung von Patienten durch Hausärzte ist eine zentrale Herausforderung für allgemeinmedizinische Studien. Das Verständnis darüber, wie berufliche, praktische und regionale Charakteristika die Rekrutierung durch die Hausärzte und die damit verbundene Arbeitsbelastung beeinflussen, könnte helfen, Teilnahmestrategien zu optimieren.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es, Barrieren und Förderfaktoren für die Patientenrekrutierung in allgemeinmedizinischen Studien am Beispiel der klinischen Studie „AgeWell.de“ zu identifizieren.
Material und Methoden: Es wurden öffentlich zugängliche Daten zu den hausärztlichen Praxisteams erhoben, die an der Studie „AgeWell.de“ teilgenommen hatten. Dazu gehörten soziodemografische Merkmale der Praxisinhaber, Praxisstrukturdaten und sozioökonomische Indikatoren der jeweiligen Praxisstandorte. Diese Daten wurden mit dem jeweiligen Patientenrekrutierungserfolg und Umfragedaten zur subjektiv empfundenen Arbeitsbelastung durch die Studienteilnahme verglichen.
Ergebnisse: Von den 120 hausärztlichen Praxen sind insgesamt 1.173 Patienten rekrutiert worden. Die Zahl rekrutierter Patienten pro Praxis variierte deutlich. So rekrutierten 20% der hausärztlichen Praxisteams jeweils 42,1% bzw. 3,2% aller Patienten. Hausärztliche Praxisteams, deren Praxisinhaber bereits promoviert war, rekrutierten mehr Patienten (p < 0,05). Weiterhin war eine höhere Anzahl von rekrutierten Patienten mit einer subjektiv höheren wahrgenommenen Arbeitsbelastung durch die Studienteilnahme assoziiert (p < 0,1). Größere Praxisteams mit mehreren Mitarbeitenden berichteten eine geringere Arbeitsbelastung durch die Studienteilnahme (p < 0,1).
Diskussion: Die Rekrutierungsleistung von hausärztlichen Praxisteams und die wahrgenommene Arbeitsbelastung sind eng miteinander verknüpft und werden sowohl durch die individuelle Forschungserfahrung als auch durch strukturelle Unterstützung beeinflusst. Die überproportional hohe Belastung einer kleinen Gruppe von Hausärzten bei der Rekrutierung macht deutlich, dass Strategien zur verbesserten Einbindung rekrutierungsschwacher hausärztlicher Praxisteams nötig sind.
Take Home Message für die Praxis: Die Stärkung praxisbezogener Forschungsnetzwerke, der Abbau administrativer Hürden und die Verbesserung des Zugangs zur Forschungsausbildung im Medizinstudium könnten dazu beitragen, dass die aktive Beteiligung hausärztlicher Praxisteams an der Forschung verbessert wird.