59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Häufig übersehen und wenig unterstützt: Ergebnisse der Interimsanalyse einer Fragebogenerhebung mit nicht-verwandten Fürsorgenden schwerkranker Menschen
2Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN (CCC ER-EMN), Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Deutschland
Text
Hintergrund: Nicht-verwandte Personen wie Freund:innen, Nachbar:innen oder Bekannte kümmern sich zusätzlich oder anstelle von Familienangehörigen um schwerkranke Menschen, etwa durch Unterstützung bei der Körperpflege, Haushaltsarbeit oder Gesellschaft leisten. Diese Personengruppe wird in der Forschung häufig übersehen, sodass wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel der NOCA-Studie ist, die Rolle von nicht-verwandten Fürsorgende in der Versorgung schwerkranker Menschen zu untersuchen. Der Fokus liegt auf der Art und dem Umfang der Fürsorge, sowie den Belastungen, Bedürfnissen und positiven Aspekten. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer Interimsanalyse vorgestellt.
Material und Methoden: Die Studie richtet sich an Erwachsene in Deutschland, die sich mindestens 4 Stunden/Woche unentgeltlich um eine nicht-verwandte Person mit einer lebenslimitierenden Erkrankung kümmern. Die quantitative Befragung wird seit 01/2025 sowohl online als auch in Papierform mit dem Ziel durchgeführt, 100–150 Teilnehmende zu gewinnen. Art und Umfang der Fürsorge werden mit dem Common-Assessment-Tool (CAT) erfasst. Die Belastungen werden mit der Burden Scale for Family Caregivers (BSFC-s), die Bedürfnisse basierend auf dem Supportive-Care-Framework und die positiven Aspekte mit der Benefits of Being a Caregiver Skala (BBCS) erhoben.
Ergebnisse: Bis einschließlich 03.04.2025 haben 25 nicht-verwandte Fürsorgende teilgenommen. Davon waren 88% Frauen und 12% Männer. Das Durchschnittsalter lag bei 59,5±13,7 Jahren. 96% leisteten vorwiegend emotionale Unterstützung und 76% Hilfe bei der Mobilität. Die Belastungen waren moderat (M=9,7±6,5). 52% wünschten sich mehr emotionale Unterstützung, 72% gaben an, vom Gesundheitssystem nur manchmal oder nie Unterstützung zu erhalten. Positive Aspekte (z.B. mehr Lebenssinn), deuten auf einen moderaten Zugewinn hin (M=26,2±13,5).
Diskussion: Die ersten Ergebnisse zeigen, dass nicht-verwandte Fürsorgende vom Gesundheitssystem unzureichend unterstützt werden, was ihre langfristige Bereitschaft zur Fürsorge beeinträchtigen könnte. Es kann daher relevant sein, Belastungssituationen bei außerfamiliärer Fürsorge in der allgemeinmedizinischen Sozialanamnese zu berücksichtigen.
Take Home Message für die Praxis: Ein frühzeitiges Erkennen außerfamiliärer Belastungen in der Sozialanamnese könnte helfen, die Belastungen von nicht-verwandten Fürsorgenden zu verringern.