59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Evaluation einer psychoedukativen Intervention zur Unterstützung pflegender Angehöriger
2LMU Klinikum Großhadern, Klinik für Palliativmedizin, Deutschland
Text
Hintergrund: Angehörige schwerkranker Menschen sind einerseits Sorgende (Bezugsperson, Begleitende, Versorgende, etc.) und gleichzeitig selbst Betroffene der Erkrankungssituation mit eigenen Sorgen, Fragen und Problemen. Häufig weisen sie große, unerfüllte Informations- und Unterstützungsbedarfe auf.
Zielsetzung/Fragestellung: Evaluation des psychoedukativen Schulungsprogramms „Angehörige:r sein – Ressourcen stärken“, das aus sechs multiprofessionell durchgeführten Modulen zu pflegerischen, medizinischen und psychosozialen Themen sowie der Selbstfürsorge besteht. Es wurde in Präsenz sowie während der Pandemie digital durchgeführt.
Material und Methoden: Die Mixed-methods-Studie umfasste eine quantitative Fragebogenerhebung (N=31), die bei Studieneinschluss (T0), nach jedem Modul (M1-M6) sowie 3 Monate nach Schulungsende (T1), unter anderem mittels des HeiQ-Program-Instruments, durchgeführt und deskriptiv analysiert wurde. Vertiefend wurden semi-strukturierte qualitative Interviews (N=21), z.B. zu den Herausforderungen und Auswirkungen des Schulungsprogramms, durchgeführt und induktiv mittels Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse: Im Rahmen der Studie nahmen 31 Angehörige (medianes Alter 51 Jahre, 90% Frauen) an dem Schulungsprogramm teil: 13 in Präsenz und 18 digital. Davon komplettierten 14 (45%) das gesamte Programm (mittlere Teilnahme an 3,6 Modulen, SD 2,0). Zu T1 berichtete die Mehrheit einen subjektiven Benefit (71–75% je Item), insbesondere in der Informationsvermittlung, und 96% würden das Programm weiterempfehlen. Ein Unterschied zwischen Präsenz- und digitaler Durchführung bestand nicht. Der wahrgenommene Nutzen betraf vor allem Wissenszuwachs, Selbstreflektion, Akzeptanz eigener Gefühle, verbesserte Selbstfürsorge, gesteigerte Selbstwirksamkeit und mehr Sicherheit in der Begleitung der Erkrankten. Angehörige berichteten spürbare Veränderungen in der Gestaltung ihres Alltags und der Versorgung der Erkrankten. Herausforderungen waren zeitliche Ressourcen, Gruppenheterogenität, Schwierigkeiten, sich auf bestimmte Themen einzulassen, und der Umgang mit eigenen Emotionen.
Diskussion: Das Schulungsprogramm führte zu einer verbesserten Information und Stärkung von Angehörigen schwerkranker Menschen mit positiven Auswirkungen auf ihre alltägliche Lebenssituation.
Take Home Message für die Praxis: Das Schulungsprogramm unterstützt Angehörige durch Informationen, fördert ihre Selbstfürsorge und Handlungskompetenz, und wird klar empfohlen.