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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Entwicklung einer Toolbox zur Unterstützung einer bedarfsgerechten Versorgung bei postakuten Infektionssyndromen (PAIS) inklusive ME/CFS gemeinsam mit Patient:innen und Expert:innen (GRACI)

Jakob Johne 1
Gabriella Marx-Rosenberg 1
Britta Tetzlaff 1
Lena Tepohl 2
Johannes Schmidt 2
Eva-Maria Klinkisch 3
Jürgen M. Steinacker 2
Martin Scherer 1
Josefine Schulze 1
Silke Jankowiak 2
1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
2Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm, Deutschland
3Katholische Hochschule Freiburg, Allgemeine Pädagogik und Allgemeine Didaktik, Freiburg, Deutschland

Text

Hintergrund: Die bedarfsgerechte und standardisierte Versorgung von postakuten Infektionssyndromen (PAIS) inklusive ME/CFS stellt eine Herausforderung in der hausärztlichen Praxis dar. Da (bisher) ein kohärentes und allgemein akzeptiertes Krankheitsmodell fehlt, bestehen häufig Unsicherheiten hinsichtlich einer zielführenden Diagnostik sowie Ungewissheit hinsichtlich der Behandlung aufgrund fehlender Evidenz zu wirksamen Therapien. Derzeit fehlen ein maßgeschneidertes Diagnoseverfahren zur Ermittlung des Versorgungsbedarfes und sektorenübergreifende Behandlungsstrategien.

Zielsetzung/Fragestellung: Auf Basis eines partizipativen Ansatzes soll eine Toolbox mit Entscheidungshilfen zur Anwendung in der hausärztlichen Praxis entwickelt werden. Die Toolbox soll bei Personen mit Verdacht auf PAIS eine bedarfsorientierte Planung und Steuerung der Diagnostik und der therapeutischen Versorgung sicherstellen.

Material und Methoden: Die Entwicklung der Toolbox erfolgt aufbauend auf einem Scoping Review sowie auf Basis qualitativ erhobener Erfahrungen mit der bisherigen Versorgung (Fokusgruppen/Interviews mit Patient:innen). Die Auswertung erfolgt anhand strukturierender Inhaltsanalyse nach Kuckartz. Zur Konsentierung der Inhalte erfolgt ein Konsensusverfahren (modifizierter Delphiprozess) jeweils mit Patient:innen und Expert:innen.

Ergebnisse: Die systematische Integration der Perspektive von leicht, mittel und schwer betroffenen Patient:innen mit PAIS und Expert:innen der Versorgung stellt sicher, dass der Gestaltung der Toolbox sowohl die individuellen Patient:innenbedürfnisse als auch die Praktikabilität im hausärztlichen Versorgungsalltag zugrunde gelegt werden. Die Entwicklung der Toolbox ist dabei der erste Teil eines vom BMG geförderten multizentrischen randomisiert-kontrollierten Modellversuchs.

Diskussion: Angesichts der bisher geringen Evidenz ist ein partizipativer Ansatz zur Entwicklung der Toolbox unabdingbar. Ein nach Patient:innen und Expert:innen getrenntes Konsensusverfahren erlaubt die Erfassung unterschiedlicher Schwerpunkte, verhindert mögliche Hierarchien und sichert die Produktivität mit Blick auf das Ergebnis.

Take Home Message für die Praxis: Die strukturierte Einbindung von Patient:innen und Expert:innen ist essenziell für die Entwicklung neuer Versorgungskonzepte bei besonderen Patient:innengruppen und wenig erforschten Krankheitsbildern wie PAIS. Nur durch den systematischen Einbezug aller relevanten Perspektiven kann sichergestellt werden, dass die Konzepte den Bedürfnissen und Anforderungen aller beteiligten Stakeholder gerecht werden.