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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Individuelle Bewältigungsprozesse bei Post-COVID: Avoidance- und Endurance-bezogenen Reaktionen beeinflussen die Fatigue-Symptomatik

Regine Friederike Mößle 1
1IB Hochschule für GEsundheit und Soziales, Studienzentrum Stuttgart, Deutschland

Text

Hintergrund: Nach wie vor stehen zur Behandlung des Post-COVID-Syndroms keine (kausalen) medikamentösen Behandlungsansätze zur Verfügung [1]. Während bei der Mehrheit der Patient:innen durch symptomorientierte Behandlung die Symptomatik gebessert werden kann, kommt es bei einer kleinen Subgruppe zu einer starken Chronifizierung [2]. Um diese zu verhindern, müssen neben biologischen verstärkt soziale und psychische Faktoren in den Blick genommen werden, die an der Aufrechterhaltung des Störungsbildes beteiligt sind [3].

Zielsetzung/Fragestellung: Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss Avoidance- und Endurance-orientierter Krankheitsbewältigung auf die Ausprägung zentraler PCS-Symptome. Das Avoidance-Endurance-Modell [4] fokussierte ursprünglich affektive, kognitive und verhaltensbezogene Reaktionstendenzen auf Schmerz sowie deren Konsequenzen für den Genesungsprozess; es gibt vielversprechende Hinweise auf die Anwendbarkeit des Modells bei Fatigue-Symptomatik [5].

Material und Methoden: Im Rahmen einer querschnittliche Fragebogenerhebung wurden N=230 PCS-Patient:innen (⌀ 49,12 Jahre, 82,2% weiblich, ⌀ Erkrankungsdauer 29,35 Monate) mit Fatigue und Belastungsintoleranz befragt. Maße: Fatigue Assessment Scale [6], DSQ-PEM, AEQ-Fatigue [7].

Ergebnisse: Es zeigen sich durchgängig bedeutsame Korrelationen zwischen den avoidancebezogenen Skalen und Fatigue (r=.17 bis r=.42, p<.01) bzw. der Häufigkeit von PEM (r=.16 bis r=.37, p<.01). Bezüglich der Endurance-Skalen sind die Ergebnisse weniger eindeutig: es besteht kein Zusammenhang zwischen der verhaltensbezogen Skala und Fatigue bzw. PEM; die kognitive Skala Gedankenunterdrückung korreliert positiv mit Fatigue (r=.16, p<.05) und PEM (r=.22, p<.01). Positive Stimmung trotz Müdigkeit (r=-.38, p<.01) Humor/Ablenkung (r=-.15, p<.05) zeigen negative Korrelationen zur Ausprägung der Fatigue. Ein Regressionsmodell mit den AEQ-F-Skalen als Prädiktoren und Fatigue als Kriterium zeigt mit R²=.34 (korrigiertes R²=.31) eine sehr hohe Anpassungsgüte. Die Prädiktoren Vermeidung körperlicher Aktivitäten und Positive Stimmung trotz Müdigkeit sagenstatistisch signifikant das Kriterium Fatigue voraus (F(9, 200) = 11,376; p<0,00).

Diskussion: Individuelle Bewältigungsprozesse, operationalisiert als affektive, kognitive und behaviorale Reaktionen auf akute Müdigkeit, stellen einen relevanten Einflussfaktor auf die Fatiguesymptomatik dar. Dies ist ein relevanter Ansatzpunkt für die Behandlung des PCS.

Take Home Message für die Praxis: Psychotherapeutische Mitbehandlung ist hochgradig sinnvoll!