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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Unterstützung in Krisenzeiten – Handlungsempfehlungen für die Begleitung pflegender und trauernder Angehöriger im Kontext von Pandemien

Jessica Ruck 1
Rebecca Degutsch 2
Birgit Jaspers 2
Arndt Bialobrzeski 2
Miriam Nicolai 3
Nora Hettich-Damm 3
Anneke Ullrich 4
Karin Oechsle 4
Lukas Radbruch 2
Ildikó Gágyor 1
1Universitätsklinik Würzburg, Institut für Allgemeinmedizin, Würzburg, Deutschland
2Universitätsklinik Bonn, Klinik für Palliativmedizin, Bonn, Deutschland
3Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Mainz, Deutschland
4Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, II. Medizinische Klinik, Palliativmedizin, Hamburg, Deutschland

Text

Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie und ihre Schutzmaßnahmen hatten erhebliche Auswirkungen auf die häusliche Pflege und das Trauererleben von Hinterbliebenen. Beispielsweise führten Pflegedienstausfälle zu einer Mehrbelastung bei pflegenden Angehörigen (pA). Einschränkungen in Trauerritualen bei Beerdigungen hatten negativen Einfluss auf den Trauerprozess von trauernden Angehörigen (tA).

Zielsetzung/Fragestellung: Das Projekt „Auswirkungen der Pandemie auf Angehörige“ ist Teil des BMBF-geförderten und NUM-koordinierten Forschungsprojekts „Kollateraleffekte der Pandemie“ (CollPan). Ziel des „Angehörigen“-Projekts war die Erstellung von Handlungsempfehlungen (HE) für die Begleitung pA und tA im Kontext zukünftiger Pandemien.

Material und Methoden: Die HE wurden auf Grundlage von sechs Studien erstellt: jeweils separat für pA bzw. tA wurden Reviews erstellt (JBI Methodik n. Peters et al.; n=41 bzw. n=63 Artikel eingeschlossen) sowie jeweils quantitative Surveys (n=180 bzw. n=81) und qualitative Interviews (n=30 bzw. n=21; Inhaltsanalyse n. Kuckartz) mit pA bzw. tA durchgeführt. Die Ergebnisse der einzelnen Studien wurden (mit strukturierender Inhaltsanalyse n. Mayring) anhand der o.g. Fragestellung erneut ausgewertet und unter Berücksichtigung der SMART-Kriterien und der Graduierung von Empfehlungen thematisch formuliert. Die HE wurde in drei Konsensrunden mit Expert:innen diskutiert. Angehörigenvertreter:innen wurden beratend miteinbezogen.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 103 HE an verschiedene Akteur:innen wie Versorgende, Leitungsebenen in Gesundheitseinrichtungen, Politik, Gesellschaft, Kirchen und Fachgesellschaften formuliert. Diese gliedern sich in fünf Themenbereiche. HE betonen etwa die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung und des Ausbaus von Versorgungsstrukturen und psychosozialer Unterstützungsangebote in Pandemien, die Etablierung von Notfallplänen, Besuchsrechte für pA und tA sowie die Ermöglichung würdevoller Abschiednahme von Verstorbenen in der Pandemie.

Diskussion: Die HE geben Empfehlungen zur Berücksichtigung der Bedürfnisse von pA und tA in pandemischen Zeiten. Durch methodische Vielfalt bieten sie einen umfassenden Einblick in Erfahrungen von pA und tA. Einige Empfehlungen werden aufgrund der Versorgungsrealität jedoch schwer umsetzbar sein. Die geringe Teilnahme in den Einzelstudien kann als limitierend gesehen werden.

Take Home Message für die Praxis: Im Zuge der (noch stockenden) Aufarbeitung der Pandemie müssen Erfahrungen von pA und tA für kommende Krisen genutzt und nationale Strategien für künftige Pandemien rechtzeitig entwickelt werden.