59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Versorgungsqualität von Patient:innen mit Depression in einem nationalen MVZ-Verbund: standortübergreifende Analyse
2Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
3Universitätsklinikum Jena, FB Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Jena, Deutschland
Text
Hintergrund: Im klinischen Alltag zeigen sich große interindividuelle Unterschiede hinsichtlich der Therapie einer Depression im hausärztlichen Bereich. Dies steht dem Ziel eines einheitlichen Qualitätsstandards in hausärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) entgegen. Größere systematische Analysen der hausärztlichen Versorgungsqualität bei Depression liegen aktuell nicht vor.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel war die Analyse der aktuellen Versorgungssituation von Patient:innen mit Depression in einem nationalen MVZ-Verbund mit allgemeinmedizinischem Fokus. Untersucht wurde der hausärztliche Arbeitsgang vor dem Hintergrund der aktuellen Leitlinie (NVL Unipolare Depression) und passender Qualitätskriterien.
Material und Methoden: In einem MVZ-Verbund mit über 30 Standorten wurde eine retrospektive, pseudonymisierte Registeranalyse durchgeführt. Zur Bewertung der Versorgungsqualität kamen QISA-Kriterien sowie in einer Fokusgruppe definierte klinische Qualitätsindikatoren zum Einsatz. Analysiert wurden Prävalenz, Diagnostik, Therapie und Dokumentation, jeweils standortbezogen.
Ergebnisse: Die Analyse zeigte deutliche Unterschiede zwischen den Standorten, insbesondere bei der Nutzung standardisierter Diagnostiktools (PHQ-9: 0–42%), der differenzierten Kodierung des Schweregrades (9–81%) und der Therapie (Antidepressiva-Verordnung: 8–38%). Die Nutzung digitaler Gesundheitsanwendungen lag insgesamt bei 0,7%.
Diskussion: Der standortübergreifende Vergleich ermöglichte die Identifikation klinisch relevanter Qualitätsunterschiede. Zahlen zum Vergleich mit anderen MVZ liegen uns nicht vor, da es sich nach unserem Wissen um die erste derartige Untersuchung im allgemeinmedizinischen Bereich handelt.
Basierend auf den Ergebnissen wurde ein „Lernsnack“ entwickelt, der sowohl Abweichungen von der Leitlinie thematisiert, als auch aktuelles Leitlinienwissen „leicht verdaulich“ komprimiert vermittelt und in Form einer Email den Ärzt:innen des MVZ zur Verfügung gestellt werden kann.
Take Home Message für die Praxis: Trotz einheitlicher Rahmenbedingungen bestehen erhebliche Unterschiede in der Versorgung von Patient:innen mit Depression. Klinische Tools wie der PHQ-9 und moderne Therapieoptionen wie DiGAs werden noch nicht flächendeckend eingesetzt.