59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Stress in der Allgemeinmedizin: Praktische Ansätze zur Identifikation behandlungsbedürftiger Stressfehlanpassungen
2Elementrial Clinical Research & Development, Österreich
3Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI), Abteilung Klinische Psychologie, Deutschland
Text
Hintergrund: Chronischer psychosozialer Stress ist ein bedeutender Risikofaktor, der mit zahlreichen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und psychischen Erkrankungen assoziiert ist. Trotz der hohen Relevanz findet Stress in der allgemeinmedizinischen Praxis nicht immer die angemessene Beachtung. Standardisierte Diagnosekriterien fehlen, was Prävention und frühzeitige Intervention erschwert.
Zielsetzung/Fragestellung: Dieses Projekt beleuchtet, wie Stressfehlanpassungen in der hausärztlichen Versorgung besser erkannt und adressiert werden können. Ziel ist es, praxisnahe Lösungen für die Identifikation und das Management von stressbedingten Gesundheitsrisiken zu entwickeln.
Material und Methoden: Bestehende Studien und praxisrelevante Modelle zur Stressdiagnostik wurden unsystematisch gesichtet. Besondere Aufmerksamkeit galt der Identifikation von physiologischen Stressmarkern, digitalen Monitoring-Technologien und erfolgreichen internationalen Präventionsansätzen.
Ergebnisse: Unsere Analysen führen uns zu folgenden Schlussfolgerungen:
- Fehlende Diagnosestandards: Obwohl Biomarker wie Kortisolspiegel oder Herzfrequenzvariabilität mit chronischem Stress assoziiert sind, fehlen allgemein akzeptierte Referenzwerte für die klinische Praxis.
- Anerkennung von Stress als klinische Entität: Die offizielle Klassifikation von Stress als klinische Entität könnte die Forschung vorantreiben, spezifische Präventionsprogramme fördern und deren Integration in nationale Gesundheitsrichtlinien ermöglichen.
- Bedeutung technologiebasierter Selbstüberwachung: Wearables und mobile Apps ermöglichen eine kontinuierliche Erfassung von Stressindikatoren, fördern das Patientenbewusstsein und unterstützen individualisierte Präventionsstrategien.
- Internationale Best Practices: Programme wie das „Stress Check Program“ in Japan oder das ACEs-Aware-Programm in Kalifornien zeigen vielversprechende Ansätze für eine strukturierte Stressprävention.
Diskussion: Um Stressmanagement in der Allgemeinmedizin zu verbessern, sind standardisierte diagnostische Kriterien erforderlich. Zudem könnte die Integration digitaler Tools in die hausärztliche Praxis das Selbstmanagement der Patienten stärken. Erfahrungen aus internationalen Programmen verdeutlichen das Potenzial von Screening- und Präventionsmaßnahmen.
Take Home Message für die Praxis:
- Stress sollte als relevanter Risikofaktor systematisch erfasst werden.
- Wearables und Apps können die Selbstwahrnehmung und Prävention unterstützen.
- Erfolgreiche internationale Modelle können als Vorlage für nationale Strategien dienen.