59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Hindernisse bei der Rekrutierung von Patient:innen für klinische Studien in der Allgemeinmedizin – ein Survey im Rahmen von NAPKON-TIP
2Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland
3Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, Hannover, Deutschland
4Universitätsmedizin Göttingen, Zentrale Notaufnahme, Göttingen, Deutschland
5Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Würzburg, Deutschland
6Koordinierungsstelle für die Initiative Deutscher Forschungspraxennetze – DESAM-ForNet, Deutschland
Text
Hintergrund: In hausärztlichen Praxen behandelte Patient:innen sind häufig nicht ausreichend für eine Teilnahme an klinischen Studien erreichbar. Da die medizinische Versorgung überwiegend im ambulanten Sektor erfolgt, ist dessen Einbezug bei klinischen Studien jedoch essentiell, um praxisnahe und repräsentative Erkenntnisse zu gewinnen. Die NAPKON (Nationales Pandemie Kohorten Netzwerk) Therapeutische Interventionsplattform (NAPKON-TIP) ist ein Projekt des Netzwerks Universitätsmedizin (FKZ 01KX2121) und schafft eine Infrastruktur für die Durchführung komplexer klinischer Studien, bei der auch der ambulante Sektor einbezogen wird.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel der Studie ist es, Hindernisse für die Studienrekrutierung von Patient:innen in Hausarztpraxen sowie Strategien zu deren Überwindung zu identifizieren.
Material und Methoden: Von 12/2024 bis 02/2025 erfolgte ein Online-Survey mit Fragen zu Rekrutierungshindernissen, die Hausärzt:innen und Medizinischen Fachangestellte (MFA) bei klinischen Studien wahrnehmen. Der Survey wurde per E-Mail an allgemeinmedizinische Forschungspraxen der Initiative Deutscher Forschungspraxennetze – DESAM-ForNet versendet. Die Fragebogendaten wurden deskriptiv in SPSS und die Freitextantworten inhaltsanalytisch in MAXQDA ausgewertet.
Ergebnisse: Von 62 Teilnehmenden waren 83,9% Hausärzt:innen und 16,1% MFA. Als häufigste Rekrutierungshindernisse wurden ein hoher administrativer und zeitlicher Aufwand, unzureichende Vergütung und Personalmangel genannt. Als Lösungen wurden u. a. die Stärkung der Rolle von Praxisteams und Patient:innen als aktive Forschungspartner, die Schaffung finanzieller und ideeller Anreize sowie eine vereinfachte, digitale Studienlogistik benannt.
Diskussion: Die Studie liefert wichtige Erkenntnisse, die bei der zukünftigen Planung klinischer Studien im ambulanten Sektor berücksichtigt werden sollten. Entscheidend sind eine praxisrelevante Fragestellung, gute Umsetzbarkeit für Patient:innen und Praxisteams sowie angemessene ideelle und finanzielle Anreize für das Forschungsengagement. Die Studien stärker an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der ambulanten Versorgung anzupassen kann hausärztlichen Praxen eine Studienteilnahme erleichtern und so die Voraussetzungen für eine repräsentative sektorenübergreifende Studienlandschaft schaffen in der der ambulante Sektor gleichermaßen vertreten ist.
Take Home Message für die Praxis: Um die Teilnahme hausärztlicher Praxen an klinischen Studien zu erhöhen, braucht es niedrigschwellige, alltagsnahe Forschungsformate, die sich an den Bedingungen der ambulanten Versorgung orientieren.