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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Testgüte und Anwendbarkeit des PA-100 AST-Systems (Sysmex®) im Vergleich zur Urinkultur bei Frauen mit Verdacht auf eine unkomplizierte Harnwegsinfektion – erste Ergebnisse des Point-of-care-Tests aus der Hausarztpraxis

Timo Jung 1
Robby Markwart 2
Felix Kannapin 1
Guido Schmiemann 3
Jutta Bleidorn 2
Ildikó Gágyor 1
Peter Konstantin Kurotschka 1
1Universitätsklinikum Würzburg, Institut für Allgemeinmedizin, Würzburg, Deutschland
2Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
3Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP), Bremen, Deutschland

Text

Hintergrund: Die Diagnostik unkomplizierter Harnwegsinfektionen (HWI) in der Hausarztpraxis erfolgt meist symptombasiert und anhand des Urinteststreifentests. Die Urinkultur im Labor ist der Goldstandard, benötigt aber in der Regel über 48 Stunden. Das PA-100 AST-System weist laut Hersteller eine signifikante Bakteriurie in 15 Minuten nach und erstellt in 30–45 Minuten ein Antibiogramm. Laut Herstellerangaben ist die Testgenauigkeit (Sensitivität und Spezifität) bei 98,8% und 98,4%. Eine unabhängige klinische Evaluation der Testgüte und Anwendbarkeit in der Hausarztpraxis fehlen bisher.

Zielsetzung/Fragestellung: Untersucht werden die Testgüte des PA-100 AST im Vergleich zur Urinkultur sowie der Einfluss auf ärztliche Entscheidungsfindung, Machbarkeit und Akzeptanz in Hausarztpraxen.

Material und Methoden: In dieser Beobachtungsstudie in vier Hausarztpraxen (Jena/Würzburg) werden Urinproben von erwachsenen Patientinnen mit Verdacht auf eine unkomplizierte HWI mittels Urinteststreifen, PA-100 AST (Indextest) und Urinkultur (Referenztest) untersucht. Bestimmt wurden bisher Sensitivität, Spezifität, prädiktive Werte und likelihood ratios (LR). Quantitative Daten zur Machbarkeit werden deskriptiv, qualitative Interviews inhaltsanalytisch ausgewertet. Registrierung: clinicaltrials.gov NCT06625268

Ergebnisse: Bisher wurden 100 Patientinnen (Medianalter 59 Jahre) eingeschlossen. Der Indextest zeigt eine Sensitivität von 78% (95% Konfidenzintervall (KI):67–88%), eine Spezifität von 81% (63–93%), ein positives LR von 4 (2–8.4) und ein negatives LR von 0.3 (0.2–0.4). Der positive prädiktive Wert betrug 90% (80%–96%) und der negative prädiktive Wert 63% (46%–77%) bei einer Prävalenz von 69%. Erste qualitative Ergebnisse sprechen für eine gute Anwendbarkeit in der Praxis. Weitere Ergebnisse werden am Kongress vorgestellt.

Diskussion: Unter Vorbehalt der kleinen Stichprobe weichen die Ergebnisse deutlich von den Herstellerangaben ab. Der Test ist zwar in der Lage eine HWI zu bestätigen, schließt jedoch eine Infektion nur eingeschränkt aus. Hierbei ist zu beachten, dass das PA 100-AST erst eine Bakteriurie ab 50.000 Keimen/ml detektiert, ein Wert der weit über dem heutigen Standard von 1.000 Keimen/ml liegt.

Take Home Message für die Praxis: Trotz schneller Resultate werfen erste Ergebnisse der diagnostischen Genauigkeit Zweifel am praktischen Mehrwert des PA-100 AST-Systems auf. Studien mit größeren Stichproben sind notwendig.