59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Wie erleben Brustkrebspatientinnen mit türkeistämmigem Migrationshintergrund die Brustkrebsnachsorge in Deutschland? Eine qualitative Analyse von Barrieren und Förderfaktoren
2Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften/AG Epidemiologie und International Public Health, Bielefeld, Deutschland
Text
Hintergrund: Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Mittels Nachsorge sollen frühzeitig Rezidive erkannt, Ängste abgebaut und die Lebensqualität von Patientinnen verbessert werden. Menschen mit Migrationshintergrund nehmen potenziell seltener an Gesundheitsprogrammen teil als jene ohne Migrationshintergrund, unklar ist dies jedoch bei türkeistämmigen Frauen mit Brustkrebs in Deutschland.
Zielsetzung/Fragestellung: Welche Barrieren und Förderfaktoren erleben türkeistämmige Frauen bei der Inanspruchnahme von Brustkrebsnachsorge in Deutschland?
Material und Methoden: Wir haben sechs Interviews mit türkeistämmigen Frauen sowie zwei Fokusgruppen – eine mit türkeistämmigen Frauen (auf Türkisch, n=7) und eine mit in Deutschland aufgewachsenen Frauen ohne türkischen Migrationshintergrund (n=6) in der Brustkrebsnachsorge durchgeführt. Die Audioaufnahmen wurden transkribiert, übersetzt und mittels thematischer Analyse nach Braun & Clarke unter Anwendung induktiver und deduktiver Codierung ausgewertet.
Ergebnisse: Ein zentrales Thema in den Interviews und den Fokusgruppen war der limitierte Zugang zu Informationen über mögliche Brustkrebsnachsorgemaßnahmen, der durch Sprachbarrieren weiter erschwert wurde. Erste Ansprechpartner:innen bei Fragen waren Gynäkolog:innen und manchmal auch Hausärzt:innen. Familie, Freunde und vor allem Selbsthilfegruppen können jedoch dabei helfen, diese Barriere zu überwinden. Ein weiteres häufig genanntes Problem war der Mangel an (Türkisch sprechenden) Psychotherapeut:innen. Eine Checkliste mit Informationen zur Brustkrebsnachsorge könnte die Teilnahme laut einer Patientin erleichtern.
Diskussion: Der Zugang zu verlässlichen Informationen zur Brustkrebsnachsorge erfordert möglicherweise eine aktivere Unterstützung durch geeignete Gesundheitsprofessionen, insbesondere aufgrund von Sprachbarrieren. Eine Checkliste mit Informationen zur Brustkrebsnachsorge (auch in türkischer Sprache) könnte die Teilnahme erleichtern. Hausärzt:innen werden auch als erste Ansprechpartner:innen für Fragen genannt.
Take Home Message für die Praxis: Sowohl türkeistämmige als auch nicht türkeistämmige Frauen fühlen sich bei der Suche nach Informationen zur Brustkrebsnachsorge oft überfordert, Sprachbarrieren wirken erschwerend.