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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung


08.-10.09.2025
Düsseldorf


Meeting Abstract

Auswahl von empathischen und durchsetzungsstarken Studierenden anhand des Hamburger Situational Judgement Tests und berufspraktischer Vorqualifikation

Ina Mielke 1
Wolfgang Hampe 1
Maren Ehrhardt 2
Mirjana Knorr 1
1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Biochemie und Molekulare Zellbiologie, AG Auswahlverfahren, Hamburg, Deutschland
2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Text

Fragestellung: In der Medizinstudierendenauswahl werden im Auswahlverfahren der Hochschulen und in der Zusätzlichen Eignungsquote weitere Kriterien zur Hochschulzugangsberechtigung (HZB) gefordert. Neben kognitiven Eignungstests nutzen viele Hochschulen Kriterien, die Persönlichkeitseigenschaften der Bewerbenden erfassen sollen. Zwei dieser Kriterien sind der der Hamburger Situational Judgement Test (HAM-SJT) und eine berufspraktische Vorqualifikation. Zwar gibt es Hinweise, dass beide Kriterien Interview- oder OSCE-Leistung vorhersagen können [1], [2], es bleibt aber unklar, welche konkreten Eigenschaften zu dieser besseren Leistung führen. Das Ziel dieser Studie ist es, einen tieferen Einblick in Verhaltensweisen zu bekommen, die mit einer besseren HAM-SJT Leistung oder dem Abschluss einer Berufsausbildung einhergehen.

Methoden: Im Rahmen eines einwöchigen allgemeinmedizinischen Blockpraktikums wurde das interpersonelle Verhalten Hamburger Studierender im zweiten Semester von Praxismitarbeitenden eingeschätzt. Die Verhaltensweisen umfassen dabei drei unterscheidbare Dimensionen: warmherzig-verträgliches, selbstsicher-dominantes und emotional stabiles Verhalten [3]. Insgesamt liegen Daten von 210 Studierenden vor, die zwischen 2019 und 2022 an den Hamburger Auswahltests teilgenommen und einen soziodemographischen Fragebogen ausgefüllt haben.

Ergebnisse: Während Studierende mit besserer HAM-SJT Leistung als warmherzig-verträglicher eingeschätzt wurden (r=0.18, p=0.010), wurde das Verhalten von Studierenden mit Berufsausbildung als selbstsicher-dominanter (r=0.25, p<0.001) und emotional stabiler (r=0.18, p=0.012) wahrgenommen. In einem Regressionsmodell, das für die HZB-Note, den HAM-Nat, das Alter und Geschlecht kontrolliert, konnten die Zusammenhänge zwischen dem HAM-SJT und warmherzig-verträglichem Verhalten (β=0.17, 95% CI [0.02; 0.31], p=0.024) sowie zwischen Berufsausbildung und selbstsicher-dominantem Verhalten (β=0.21; 95% CI [0.04; 0.39], p=0.019) bestätigt werden.

Diskussion: Die Ergebnisse legen nahe, dass sowohl der HAM-SJT als auch eine berufspraktische Vorqualifikation sinnvolle Ergänzungen zu kognitiven Kriterien bei der Auswahl von Medizinstudierenden sind. Konkret verhalten sich Studierende mit besserem HAM-SJT Ergebnis empathischer und Studierende mit medizinnaher Berufsausbildung selbstsicherer in Interaktionen. Fakultäten können diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Auswahlkriterien in Hinblick auf Anforderungen an Studierende zu überprüfen.

Take Home Messages: In der Studierendenauswahl sollten die Kriterien HAM-SJT und berufspraktische Vorerfahrung ergänzend anstelle von ersetzend gedacht werden, da sie mit unterschiedlichen wünschenswerten Verhaltensweisen einhergehen: Studierende mit besserem HAM-SJT Ergebnis zeigen empathischeres Verhalten und Studierende mit Berufsausbildung zeigen selbstsichereres Verhalten.


Literatur

[1] Mielke I, Breil SM, Hissbach J, Ehrhardt M, Knorr M. Predicting undergraduate OSCE performance using traditional and construct-driven situational judgment tests at admission. Adv Health Sci Educ Theory Pract. 2025;30(3):777-794. DOI: 10.1007/s10459-024-10379-3
[2] Simmenroth-Nayda A, Meskauskas E, Burckhardt G, Görlich Y. Das neue Göttinger Auswahlverfahren für Medizin – welche Bewerber können profitieren? [Medical school admission test at the University of Goettingen - which applicants will benefit?]. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2014;108(10):609-617. DOI: 10.1016/j.zefq.2014.09.024
[3] Breil SM, Mielke I, Ahrens H, Geldmacher T, Sensmeier J, Marschall B, Back MD. Predicting Actual Social Skill Expression from Personality and Skill Self-Concepts. J Intell. 2022;10(3):48. DOI: 10.3390/jintelligence10030048