Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Kompetent in der Kommunikation – soziale Kompetenzen als Auswahl- und Bildungsmerkmal im Medizinstudium an der Universität Münster
Text
Soziale Kompetenzen werden als Auswahl- und Bildungskriterium eingesetzt. Ziel dieses Vortrags ist es, die Bedeutung von und das Vorgehen bei der Erhebung und Schulung sozialer Kompetenzen im Auswahlverfahren sowie als Teil des Curriculums darzustellen und zu diskutieren.
Jahrelange Forschung unterstreicht die Bedeutung von spezifischen Sozialkompetenzen in Auswahl- und Bewerbungsprozessen [1]. Bezüglich der Konzeptualisierung beziehen wir uns dabei auf drei Dimensionen sozial kompetenten Verhaltens, welche klar voneinander zu unterscheiden sind: Agency Skill (d.h. „getting ahead in social situations“), Communion Skill (d.h. „getting along in social situations“) sowie Interpersonelle Resilienz (d.h. „staying calm in social situations“). Zugrunde lieg die Annahme, dass sich nahezu alle sozialen Kompetenzen, die im medizinischen Kontext relevant sind, einer dieser Dimensionen zuordnen lassen [2]. Bei der Erhebung sozialer Kompetenzen ist ein verhaltensbasierter Ansatz einem fragebogenbasierten Ansatz vorzuziehen [3]. Im Auswahlverfahren für die Landarztquote sind die sozialen Kompetenzen Teil der Auswahlstationen. Für die Erhebung durchlaufen die Bewerber*innen drei verschiedene fünfminütige standardisierte interpersonelle Simulationen mit Simulationspatient*innen, von denen jede Situation auf die Erfassung einer spezifischen sozialen Kompetenz ausgerichtet ist. Dabei werden die Studierenden von geschulten externen Beobachter*innen, mit medizinischem beruflichen Hintergrund beobachtet und bewertet. Darüber hinaus gewinnen soziale Kompetenzen auch als Teil des medizinischen Curriculums an Bedeutung (3). Wir an der medizinischen Fakultät Münster möchten den Studierenden die Möglichkeit geben, effektives Handeln in zwischenmenschlichen Situationen gezielt zu üben und zu reflektieren. Dafür nehmen die Studierenden, aktuell im ersten sowie im fünften Semester, an ähnlichen Assessments wie die Bewerber*innen bei der Landarztquote teil. Zudem findet die Reflexion sozialer Kompetenzen in verschiedenen Echtweltsimulationen mit Simulationspatient*innen Anwendung. Hier haben die Studierenden die Möglichkeit, ihr sozial kompetentes Verhalten in Kleingruppen und mit geschulten Dozierenden und Tutor*innen zu reflektieren, wenn die Situation es erfordert.
Soziale Kompetenzen sind ein wichtiges Auswahl- und Bildungsmerkmal im Medizinstudium. Während die wissenschaftliche Praxis Standards bezüglich der Messung sozialer Kompetenzen vorgibt, gibt es derzeit kaum Lehrkonzepte bezüglich der Vermittlung sozialer Kompetenzen. Mit unserem Vortrag wollen wir unser Lehrkonzept vorstellen und diskutieren.
Die systematische Erhebung und Förderung von sozialen Kompetenzen sowohl im Auswahlverfahren als auch im Curriculum trägt dazu bei, dass zukünftige Ärzt*innen nicht nur fachlich, sondern auch in sozialen Interaktionen gut vorbereitet sind.
Literatur
[1] Albanese MA, Snow MH, Skochelak SE, Huggett KN, Farrell PM. Assessing personal qualities in medical school admissions. Acad Med. 2003;78(3):313-321. DOI: 10.1097/00001888-200303000-00016[2] Breil SM, Amelung D, Oberst S, Rollinger T, Ahrens H, Garbe A, Kadmon M, Marschall B, Back MD, Peters H. Physicians‘ Social Skills – Conceptualization, Taxonomy, and Behavioral Assessment. Perspect Med Educ. 2024;13(1):635-645. DOI: 10.5334/pme.1171
[3] Breil SM, Mielke I, Ahrens H, Geldmacher T, Sensmeier J, Marschall B, Back MD. Predicting Actual Social Skill Expression from Personality and Skill Self-Concepts. J Intell. 2022;10(3):48. DOI: 10.3390/jintelligence10030048