Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
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Sedentäres Verhalten und seine akademischen Folgen – ein systematisches Review
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Sedentäres Verhalten bezeichnet Tätigkeiten im Wachzustand mit einem niedrigen Energieverbrauch, wobei Sitzen die typische Erscheinungsform ist. Die schädlichen Folgen für die Gesundheit werden in vielen Studien beleuchtet. Darüber hinaus gibt es auch Untersuchungen, die zusätzlich Auswirkungen auf den Lernerfolg betrachten. Dementsprechend wurde in einem Review der aktuelle Forschungsstand eruiert, um ggf. aufbauend darauf neue Konzepte zur Bewegungsförderung zu gestalten und den akademischen Lernerfolg zu verbessern.
Methoden: Das systematische Review wurde entsprechend den PRISMA-Empfehlungen mit zwei Reviewern durchgeführt. Betrachtet wurden die Determinanten Bewegung, Gesundheit und Lernerfolg, wobei als Datenbanken PubMed und Google Scholar verwendet wurden.
Ergebnisse: Grundsätzlich sind die Sitzzeiten von Studierenden mit etwa 11 Stunden lang und überschreiten Grenzen von 8 bis 9,5 Stunden, die als kritisch für die körperliche Gesundheit gelten. Strukturell können Bewegungspausen, bewegungsaktivierende Lehre, institutionelle Sportangebote und Freizeitsport als vier unterschiedliche Ansätze klassifiziert werden.
Im Hinblick auf den Lernerfolg wies keine Studie einen negativen Zusammenhang nach. In der Frage, ob und in welchem Ausmaß eine Verbesserung des Lernerfolgs erzielt werden konnte, unterschieden sich die Studien. Bei sedentärem Verhalten zeigte sich bereits nach 15 Minuten eine Zunahme der Müdigkeit. Eine Unterbrechung des Sitzens nach 20 min in Form einer Bewegungspause führte zu einer Verbesserung der kognitiven Leistung. Im Bereich der bewegungsaktivierenden Lehre wurde für aerobe und koordinative Übungen ein positiver Effekt auf die akademische Leistung konstatiert. Dabei konnte auch ein physiologisches Korrelat in Form einer Erhöhung der cerebralen Perfusion dargestellt werden. Wurde Bewegung innerhalb der Lehre gefördert, stieg auch die Bewegungsaktivität in der Freizeit.
Diskussion: Die Ergebnisse der Studien sind positiv. Bewegung muss daher in der Lehrkonzeption mitbedacht werden. Neben den direkten persönlichen Folgen im körperlichen, sozialen und kognitiven Bereich, kann Bewegungsförderung zukünftige Ärzte möglicherweise dafür sensibilisieren, ihre Patienten diesbezüglich zu motivieren und durch den eigenen Lebensstil als Vorbild zu dienen.
Damit sedentäres Verhalten in der Hochschule durchbrochen wird, müssen personenbezogene Faktoren, gesellschaftliche Normen und die physische Umwelt verändert werden. Dazu wird beispielsweise die Ausstattung mit höhenverstellbaren Möbeln diskutiert. Insbesondere muss die Studienlage verbessert werden, um das Erfolgsausmaß verschiedener Interventionen und Konzepte genauer quantifizieren zu können.
Hierzu haben wir erste Anregungen wie Bewegungspausen und bewegungsaktivierende Methoden selbst erprobt. Diese Ansätze werden qualitativ gut evaluiert, wobei Potenzial in der Harmonisierung von Bewegung und Lehre gesehen wird.