Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Nutzerorientierte, sequentielle Verknüpfung von Prüfungsfragen mit Leitlinien und virtuellen Patienten zur Förderung des Lernens von Clinical Reasoning
2RWTH Aachen, Klinik für Neurochirurgie, Aachen, Deutschland
3Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Didaktik und Ausbildungsforschung in der Medizin (DAM), München, Deutschland
4Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH, Heidelberg, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Test-unterstütztes Lernen (TEL) und Progresstests (PT) sind etablierte Methoden zur Förderung medizinischen Wissens und klinischer Denkprozesse. Projekte wie DID-ACT und DigiPaL integrieren virtuelle Patienten (VP), um das Clinical Reasoning (CR) zu stärken. Dennoch bestehen Herausforderungen bei der flächendeckenden Implementierung. Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung, wie CR- und Leitlinienkompetenz im kompetenzorientierten Progresstest gefördert werden können und welche Probleme bei der Entwicklung entsprechender Prüfungsfragen auftreten.
Methoden: Ein mehrstufiger Prozess wurde zur Erstellung prüfungsrelevanter Fragen für den kompetenzbasierten Progresstest 2024 entwickelt. Er umfasste:
- Die Identifikation relevanter klinischer Szenarien durch Fokusgruppen verschiedener Fachgebiete.
- Die Sichtung virtueller PatientInnen (VP) und wissenschaftlicher Leitlinien.
- Die Formulierung von Key-Feature (KF)-Fragen.
Anschließend erfolgten Übersetzung, internationale Begutachtung und Finalisierung nach mehreren Reviews.
Ergebnisse: Im PT 2024 wurden 15 KF-Fragen zu sieben klinischen Szenarien entwickelt (7 MC Typ A, 8 Kprim-Format). Der Test umfasste 205 Fragen, gegliedert in 13 Cluster entsprechend der ärztlichen Approbationsordnung und den NKLM-Kompetenzbereichen. Die durchschnittliche Punktzahl lag bei 71,36 (34,81 %); 7,11 % der Teilnehmenden erreichten die Bestehensgrenze von 123 Punkten. Die interne Konsistenz war mit einem Cronbachs Alpha von 0,98 sehr hoch.
Die Itemanalyse zeigte eine besondere Schwierigkeit im Cluster XI („Wissenschaftskompetenz, klinische Entscheidungsfindung/Leitlinienkompetenz“) mit einem mittleren P-Wert von 0,25. KF-Fragen im Kprim-Format waren mit einem P-Wert von 0,1 am schwierigsten, während MC Typ A-Fragen mit 0,35 leichter ausfielen.
Diskussion: Herausforderungen zeigten sich bei einzelnen Elementen wie VP, Leitlinien und deren Wechselwirkungen:
- Begrenzte Anzahl verfügbarer VP.
- Geringe Bekanntheit und komplizierter Zugang zu DID-ACT und DigiPaL.
- Diskrepanzen zwischen VP und Leitlinien in Qualität, Form und Aktualität.
- Internationale Unterschiede bei Leitlinienempfehlungen.
- Limitierte Repräsentativität durch fakultative Teilnahme.
- Komplexe technische Umsetzung der Verlinkung von VP und Leitlinien.
Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass die Entwicklung von CR-Prüfungsfragen auf Basis geeigneter VP und Leitlinien herausfordernd ist. Zudem schneiden Studierende bei Fragen zu klinischem Denken und Leitlinienkompetenz schlechter ab als in anderen Bereichen.