Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Verbesserung der frühen elterlichen Gesundheitskompetenz durch Test-enhanced Lernen – ein mehrdimensionaler Blick im Rahmen einer Studie
2Institut für Kommunikations- und Prüfungsforschung gGmbH, Heidelberg, Deutschland
Text
Hintergrund: Die Gesundheitskompetenz (GK) von Eltern ist hochrelevant für eine gesunde Entwicklung von Kindern. Pro Jahr werden laut Statistischem Bundesamt rund 700.000 Neugeborene geboren, über 95% von Ihnen erhalten die U2 Vorsorgeuntersuchung durch eine/n Kinderärzt/in. Die Gesundheitsuntersuchungen für Kinder sind als Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung in §26 SGB V festgelegt (Kinder-Richtlinie des G-BA). Umfang und Themenspektrum der U2 Beratung sind breit gefächert. In einer Pilotstudie konnten wir zeigen, dass die subjektive elterliche GK als defizitär eingeschätzt wird [1]. Bisher wurde allerdings nicht systematisch untersucht, welche vermittelten Inhalte des U2-Gesprächs von den Eltern überhaupt verinnerlicht werden.
Methoden: In dieser Studie wurde den Eltern einen Tag nach Geburt Ihres Kindes die Teilnahme an der Elternbefragung angeboten. Mindestens ein Elternteil sollte zur Ermittlung der elterlichen GK einen im Expertenteam erstellten Fragebogen zur säuglingsbezogenen GK vor der U2 Untersuchung des Kindes ausfüllen. Der Test bestand jeweils aus 9 Items, themenbezogen auf die Inhalte des U2 Gesprächs und wurde auf Tablets in insgesamt 9 Sprachen bereitgestellt.
Zusätzlich wurde die subjektive säuglingsbezogene GK durch die Kurzform des standardisierten European Health Literacy Questionnaire (HLS-EU-Q16) ermittelt.
Am Folgetag fand die U2 inklusive dem kinderärztlichen Aufklärungsgespräch statt. Komplementiert wurde dieses durch eine ärztliche Fremdeinschätzung der elterlichen GK und einem anschließenden Post-Test, der den Zugewinn an säuglingsbezogener elterlicher GK dokumentieren sollte.
Ergebnisse: In der Pilotphase konnten wir 60 Elternteile rekrutieren. Es bestand eine hohe elterliche Adhärenz (92%). Die Mütter waren durchschnittlich 32,5 Jahre alt und 54,8% von ihnen hatten ihr erstes Kind bekommen.
Im Pre-Test wurden durchschnittlich 5 (SD 2,4) von 9 Punkten erreicht. Die subjektive Gesundheitskompetenz hatten 40% der Elternteile als problematisch und 31% als inadäquat eingeschätzt. Im Post-Test konnten wir eine Steigerung auf 7,5 Punkte (SD 1,4) verzeichnen und somit einen Zugewinn an säuglingsbezogener elterlicher Gesundheitskompetenz dokumentieren.
Themenbereiche wie Allergieprävention, Säuglingspflege oder Verhalten bei Schreiphasen waren häufiger korrekt, dagegen wurden Themenbereiche wie Karies- oder Rachitisprophylaxe und Erkennen einer Gallengangsatresie seltener korrekt beantwortet. Die ärztliche Fremdeinschätzung lag nah an den erzielten elterlichen Punktwerten im Post-Test bei durchschnittlich 7,5 Punkten (SD 1,5).
Diskussion und Ausblick: Durch die beschriebene Intervention eröffnet sich den Eltern von Neugeborenen ein mehrstufiger Lernprozess, der zu einer Steigerung der elterlichen Gesundheitskompetenz führt. Der Bedarf konnte erneut eindrucksvoll aufgezeigt werden. Langfristig kann dieses Vorgehen zu einer optimierten Versorgung der Kinder führen.