Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Digitale Spiele und mentale Gesundheit – Ergebnisse einer qualitativen Erhebung unter jungen Menschen, die E-Sport im Sportverein wahrnehmen
2FH Münster, Fachbereich Sozialwesen, Münster, Deutschland
Text
Digitale Spiele sind ein integraler Bestandteil der Lebenswelt junger Menschen und können verschiedene Aspekte ihrer (mentalen) Gesundheit beeinflussen. 73% der Jugendlichen in Deutschland spielen regelmäßig digitale Spiele, wobei Jungen durchschnittlich 114 Minuten und Mädchen 66 Minuten pro Wochentag spielen [1]. Die Nutzung von digitalen Spielen kann dabei auf verschiedenen Ebenen Einfluss auf die Gesundheit von Spieler*innen nehmen. Neben physischen Gesundheitsrisiken wie dem vielen Sitzen und erhöhten Köperfettwerten [2] [3], Stress, Schlaf-, Seh- und Stoffwechselstörungen [4], rücken auch psychische Gesundheitsrisiken immer stärker in den Fokus der wissenschaftlichen Betrachtung [5], [6]. Hier zeigt sich, dass Spielende häufig mit Hate Speech, (kommunikativer) Gewalt und Diskriminierung konfrontiert werden [7]. Andererseits werden die Potenziale von digitalen Spielen auf das subjektive Wohlergehen herausgestellt [8] und Spielelemente gerne in der Prävention eingesetzt [9]. Der elektronische Sport, kurz E-Sport, als organisierte und wettbewerbsorientierte Form des digitalen Spielens, birgt dabei besondere Chancen und Risiken für Spieler*innen. Diese Art von digitalem Spiel bietet Strukturen, die über das Spiel hinausgehen und die Persönlichkeitsentwicklung sowie Sozialisierungsprozesse positiv beeinflussen können [10].
Im Forschungsprojekt (2020-2024) wurde untersucht, wie junge Menschen E-Sport im Sportverein erleben und welche Auswirkungen dies auf ihre Identitätsarbeit hat. Einzel- und Gruppeninterviews zeigten, dass die Vereinsstruktur mit ihrer räumlich-sozialen Komponente entscheidend ist. Sie stärkt soziale Beziehungen, Teamgeist und Aushandlungsprozesse, die für persönliche Entwicklung und mentale Gesundheit zentral sind. Teilnehmer*innen berichten von Autonomieerfahrungen, Kompetenzerleben und von sozialer Eingebundenheit im Rahmen des Programms. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der Self Determination Theory [11], welche betont, dass die Erfüllung der drei psychologischen Grundbedürfnisse Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit die Grundlage für mentale Gesundheit und Wohlbefinden bildet. Darüber hinaus bietet die Vereinsrahmung die Möglichkeit, potenzielle gesundheitliche Risiken von digitalen Spielen mit jungen Menschen zu diskutieren um dann das eigene Verhalten zu reflektieren.
Diese Erkenntnisse unterstreichen, dass digitale Spiele nicht ausschließlich ein Risiko für die physische und psychische Gesundheit darstellen, sondern auch Chancen für die soziale und persönliche Entwicklung junger Menschen bieten. Es gilt zu diskutieren, welche Rahmen den (jungen) Spieler*innen angeboten werden können, damit Risiken minimiert und Chancen genutzt werden können.
Literatur
[1] Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest. JIM Studie 2024: Jahresreport der deutschen Games-Branche 2024. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest; 2024. Zugänglich unter/available from: https://mpfs.de/app/uploads/2024/11/JIM_2024_PDF_barrierearm.pdf[2] DiFrancisco-Donoghue J, Werner WG, Douris PC, Zwibel H. Esports players, got muscle? Competitive video game players' physical activity, body fat, bone mineral content, and muscle mass in comparison to matched controls. J Sport Health Sci. 2022;11(6):725-730. DOI: 10.1016/j.jshs.2020.07.006
[3] Bayrakdar A, Yıldız Y, Bayraktar I. Do e-athletes move? A study on physical activity level and body composition in elite e-sports. Physic Educ Stud. 2020;24(5):259-264. DOI: 10.15561/20755279.2020.0501
[4] Yin K, Zi Y, Zhuang W, Gao Y, Tong Y, Song L, Liu Y. Linking Esports to health risks and benefits: Current knowledge and future research needs. J Sport Health Sci. 2020;9(6):485-488. DOI: 10.1016/j.jshs.2020.04.006
[5] Ferguson CJ. Do Angry Birds Make for Angry Children? A Meta-Analysis of Video Game Influences on Children's and Adolescents' Aggression, Mental Health, Prosocial Behavior, and Academic Performance. Perspect Psychol Sci. 2015;10(5):646-666. DOI: 10.1177/1745691615592234
[6] Reer F, Quandt T. Digital Games and Well-Being: An Overview. In: Kowert R, editor. Video Games and Well-being. Cham: Springer International Publishing; 2020. p.1-21. DOI: 10.1007/978-3-030-32770-5_1
[7] Moreno-López R, Argüello-Gutiérrez C. Violence, Hate Speech, and Discrimination in Video Games: A Systematic Review. Soc Inclusion. 2025;13. DOI: 10.17645/si.9401
[8] Anto A, Basu A, Selim R, Foscht T, Eisingerich AB. Open-World Games' Affordance of Cognitive Escapism, Relaxation, and Mental Well-Being Among Postgraduate Students: Mixed Methods Study. J Med Internet Res. 2024;26:e63760. DOI: 10.2196/63760
[9] Tolks D, Lampert C, Dadaczynski K, Maslon E, Paulus P, Sailer M. Spielerische Ansätze in Prävention und Gesundheitsförderung: Serious Games und Gamification [Game-based approaches to prevention and health promotion: serious games and gamification] . Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2020;63(6):698–707. DOI: 10.1007/s00103-020-03156-1
[10] Marelić M, Vukušić D. E-sports: Definition and social implications. Ex Qual Life. 2019;11(2):47-54. DOI: 10.31382/eqol.1912068
[11] Ryan RM, Deci EL. Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. Am Psychol. 2000;55(1):68-78. DOI: 10.1037//0003-066X.55.1.68