59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Nutzungsweise und Praxistauglichkeit evidenzbasierter Hypertonie-Informationsmaterialien in der Hausarztpraxis – eine Prozessevaluation
2Stiftung Gesundheitswissen, Deutschland
Text
Hintergrund: Bluthochdruck zählt in Deutschland zu den häufigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Betroffene wünschen sich von ihren Hausärzt:innen verlässliche Informationen. Die Aufklärung wird in der Praxis jedoch durch Zeit- und Ressourcenmangel erschwert. Vor diesem Hintergrund wurden evidenzbasierte Informationsmaterialien speziell für den Einsatz in der hausärztlichen Versorgung entwickelt, mit dem Ziel die Wissensvermittlung und Aufklärung durch Materialien-Einsatz zu unterstützen.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel der Studie war es, die Nutzung, Integration und den wahrgenommenen Nutzen der Materialien aus der Sicht von Hausärzt:innen (HÄ) und Patient:innen zu evaluieren.
Material und Methoden: In der sechswöchigen Praxisphase setzten neun HÄ Materialien nach eigenem Ermessen ein und gaben diese an Patient:innen. Anschließend wurden leitfadengestützte Interviews mit HÄ (n=9) sowie Patient:innen (n=17) durchgeführt. Die Interviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet, um Aspekte wie Nutzungsweise, Praxistauglichkeit, subjektiver Mehrwert der Materialen sowie Barrieren zu erheben.
Ergebnisse: Die HÄ berichteten, dass sie vor allem Materialien, die zum Mitgeben nach dem Arzt-Patienten-Gespräch konzipiert wurden, häufig einsetzten, während solche für den Einsatz im Gespräch seltener Anwendung fanden. Trotz des zusätzlichen Aufwands ließ sich die Nutzung gut in den Praxisalltag integrieren. Das Aufwand-Nutzen-Verhältnis wurde meist als angemessen beschrieben. Patient:innen bewerteten die erhaltenen Unterlagen überwiegend als verständlich und hilfreich, besonders bei erstmaliger Konfrontation mit der Diagnose Hypertonie. Bei Patient:innen, die bereits länger mit Hypertonie lebten, spielten die Materialien eine eher untergeordnete Rolle, da bereits Wissen vorhanden war und individuelle Behandlungsfragen im Vordergrund standen.
Diskussion: Die Ergebnisse beider Perspektiven zeigen Praxistauglichkeit und Mehrwert von evidenzbasierten Informationsmaterialien in der hausärztlichen Praxis für Patient:innen mit der Erstdiagnose Hypertonie. Die Materialien fanden damit Anwendung bei jener Zielgruppe, für die sie vorrangig konzipiert wurden. Die Nutzung der Materialien durch die HÄ ergab sich als vielseitig, sie konnte auf Praxisabläufe und Bedürfnisse angepasst werden.
Take Home Message für die Praxis: Informationsmaterialien wie Kurzinformationen und Dokumentationshilfen können Patient:innen, die erstmals mit der Diagnose Hypertonie in Berührung kommen unterstützen. Sie bieten die Möglichkeit, Gesprächsinhalte zu Hause zu wiederholen und zu vertiefen.