59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Ethische Expertenanalyse eines potenziellen hausärztlichen Einsatzes blutbasierter Biomarker zur Alzheimer-Früherkennung für die Jahre 2030 und 2045
2Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Politikwissenschaft, Göttingen, Deutschland
Text
Hintergrund: Aktuelle Forschung entwickelt Blut-Biomarker zur Risikobestimmung sowie Früherkennung der Alzheimer-Krankheit. Deren möglicher Routineeinsatz wirft jedoch ethische und soziale Fragen bzgl. möglicher psychischer Belastungen Betroffener sowie der Verantwortlichkeiten und Herausforderungen für die Berater:innen auf. Dem widmet sich das BMBF-geförderte PREPARE-Projekt (2023–2026).
Zielsetzung/Fragestellung: Der Vortrag reflektiert ethische und soziale Implikationen sowie gesellschaftliche Strategien, um geeignete Ansätze (z.B. Kommunikation) für einen ethisch vertretbaren und verantwortungsvollen Einsatz der Blut-Biomarker zwischen Patient:innen und Berater:innen zu fördern.
Material und Methoden: Um Ansätze für den ethisch vertretbaren und verantwortungsvollen Einsatz blutbasierter Biomarker zu erarbeiten, wurden in einem Workshop mit elf Expert:innen aus Forschung, Versorgung, Allgemeinmedizin, Recht, Ethik, Sozialwissenschaften und Patient:innen-Vertretung Zukunftsszenarien entwickelt. Darin sollte herausgearbeitet werden, wie sich der Einsatz blutbasierter Biomarker für die Alzheimer-Früherkennung in den nächsten fünf bis 20 Jahren entwickeln könnte. Für die moderierte Szenarien-Entwicklung wurde ein vier-stufiger Ansatz genutzt, unterstützt durch Protokolle und grafische Aufzeichnung: 1. Systematische Sammlung von Einflussfaktoren, 2. Diskussion und Validierung der identifizierten Schlüsselfaktoren unter Berücksichtigung der Zeiträume, 3. Diskursive Generierung von Szenarien als in sich konsistente Kombinationen von Schlüsselfaktoren und 4. Verschriftlichung der Szenarien in einem Schreibteam.
Ergebnisse: Vier der entwickelten Zukunftsszenarien basieren auf Kombinationen aus hohen oder niedrigen Ressourcenlagen mit oder ohne Therapieoptionen. Ein fünftes Szenario baut auf individuellen Entscheidungen ohne Therapieoptionen auf. Alle Szenarien adressieren ethische, soziale, wirtschaftliche und rechtliche Implikationen für Betroffene, beratende Haus- und Fachärzt:innen, Krankenkassen sowie künftige Generationen.
Diskussion: Es wird diskutiert, wie der Einsatz blutbasierter Biomarker-Diagnostik die hausärztliche Praxis verändern kann und wie geeignete Ansätze für den Versorgungseinsatz aussehen sollten. Dabei soll überlegt werden, wie gezielte Informations- und Kommunikationsstrategien für Beratende aussehen können.
Take Home Message für die Praxis: Der Vortrag möchte Allgemeinmediziner:innen dazu einladen, die Umsetzung einer Blutbiomarker-Diagnostik in der eigenen Praxis sowie die dafür notwendigen Bedingungen zu reflektieren.