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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Resilienz bei räumlich entfernt lebenden Angehörigen von hospizlich-palliativ versorgten Patient:innen

Claudia Hillebrecht 1
Franziska Annemarie Herbst 1
1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin, Hannover, Deutschland

Text

Hintergrund: Das Statistische Bundesamt prognostizierte 2023 einen Anstieg der Zahl pflegebedürftiger Menschen in Deutschland um 37% bis 2055 (Statistisches Bundesamt 2023). Um viele dieser Menschen kümmern sich ausschließlich Familienangehörige. Ein Wohnsitz in geografischer Distanz stellt Familien dabei vor Herausforderungen der Fürsorge. Angehörige, die für einen Menschen am Lebensende über eine räumliche Entfernung sorgen (sog. Long Distance Caregivers [LDC]), erleben spezifische Belastungen: eingeschränkte Teilhabe an der Versorgung, Ungewissheit über Veränderungen des Gesundheitszustandes ihrer Angehörigen, Schuldgefühle und das Bedürfnis, stärker eingebunden zu werden. Der Umgang mit diesen Herausforderungen erfordert verschiedene Resilienzstrategien und Integration dieser in die Fürsorge.

Zielsetzung/Fragestellung: Im DFG-geförderten Projekt LoCatE (2021–2023; Projektnr. 449568227) wurden LDC zur Fürsorge für ihre entfernt lebenden Angehörigen befragt. Ziel ist, Aspekte der Selbstfürsorge und Resilienz dieser LDC näher zu beleuchten.

Material und Methoden: Über Einrichtungen der stationären und ambulanten hospizlich-palliativen Versorgung wurden 33 LDC rekrutiert und in Leitfadeninterviews zu ihrer Fürsorgesituation befragt. Die transkribierten Interviews wurden basierend auf Resilienztheorien von Antonovsky (1997), Walsh (2003) und Bonnano (2004) zunächst deduktiv und in einem zweiten Schritt induktiv ergänzend analysiert.

Ergebnisse: In den Interviewdaten äußert sich Resilienz in verschiedenen beschriebenen Fähigkeiten und innerer Haltung, welche die Handlungsfähigkeit wie auch das Wohlbefinden der LDC in belastenden Situationen erhalten können. Sehen die LDC einen Sinn in ihrem Handeln, stärkt dies ihre Position in der Fürsorgesituation. LDC, die zufrieden mit der Kommunikation und dem Zusammenhalt in ihrer Familie sind, beschreiben, dass sie einen leichteren Umgang mit Belastungen finden.

Diskussion: LDC von hospizlich-palliativ versorgten Patient:innen möchten trotz vorhandener räumlicher Distanz für ihre Angehörigen sorgen, erleben aber Hürden in der Fürsorge. Ihre Resilienz kann dabei durch klare Aufgabenverteilung, regelmäßigen Informationsfluss, familiären Austausch und Hilfestellung zur Akzeptanz der eigenen Grenzen gefördert werden.

Take Home Message für die Praxis: Förderung des familiären Zusammenhalts und Optimierung der Einbindung der entfernt lebenden Angehörigen in die Fürsorgesituation können die Resilienz der Long Distance Caregivers stärken.