59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Monitoring-Maßnahmen für Menschen mit koronarer Herzkrankheit und nach Schlaganfall: Beweggründe, Erfahrungen und Perspektiven von Ärzt:innen
2Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
Text
Hintergrund: Chronische Erkrankungen wie Koronare Herzkrankheit (KHK) oder der Zustand nach Schlaganfall erfordern eine lebenslange medizinische Betreuung. Die dabei regelmäßig durchgeführten Echokardiografien und Duplexsonografien sind nur bei erwarteten Konsequenzen und für symptomatische Patient:innen empfohlen, wobei Evidenz und Empfehlungen für Untersuchungsintervalle fehlen. Dennoch sind sie, einmal angesetzt, ein fester Bestandteil des Monitorings bei diesen Krankheitsbildern.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie beschreiben Hausärzt:innen, Kardiolog:innen und Neurolog:innen ihre Beweggründe, typischen Abläufe und Handlungskonsequenzen beim Echokardiografie-/Duplexsonografie-Monitoring von KHK-/Schlaganfall-Patient:innen?
Material und Methoden: Wir führten halbstrukturierte Interviews mit 22 Ärzt:innen aus drei verschiedenen Fachrichtungen in Hessen und Nordbayern und werteten diese mit einer thematischen Inhaltsanalyse aus.
Ergebnisse: Die Ärzt:innen sahen allgemeines Monitoring als vorteilhaft für chronisch erkrankte Patient:innen, da es dazu beiträgt das Fortschreiten der Krankheit früh zu erkennen und durch Therapieanpassung zu verhindern. Monitoring berge zugleich auch Risiken, wie Überdiagnostik oder Übertherapie, wenn Untersuchungen zu häufig durchgeführt werden. Beweggründe für Ärzt:innen, eine Echokardiografie bei KHK-Patient:innen bzw. eine Duplexsonografie bei Patient:innen nach Schlaganfall durchzuführen, reichten von persönlichen Sicherheitsbedenken, bis hin zu externen Faktoren wie finanzielle Anreize. Die Ultraschalluntersuchung als Monitoring-Maßnahme wurde kontrovers beurteilt. Die Ärzt:innen sahen einerseits einen unzureichenden medizinischen Nutzen und selten therapeutische Konsequenzen, andererseits sei es wichtig nichts zu übersehen und Einzelfälle mit Befund „herauszufischen“. Alle Ärzt:innen berichteten, dass die regelmäßigen Ultraschalle Ressourcen belasten, besonders in der Akutversorgung.
Diskussion: Weitere Forschung an komplexen Monitoringroutinen und die Ausarbeitung von Expertenkonsens sind notwendig, um evidenzbasierte Empfehlungen in Leitlinien einzubringen. Für eine bessere Patientenversorgung und Ressourcennutzung sind zudem systematische Veränderungen, besonders in den Vergütungsstrukturen nötig.
Take Home Message für die Praxis: Wegen der mangelnden Evidenz für Untersuchungsintervalle und um Ressourcen zu schonen, ist ein kritischer Blick auf die Notwendigkeit von Echokardiografie und Duplexsonografie bei symptomfreien Patient:innen wichtig. Eine offene Kommunikation mit Patient:innen über Nicht-Empfehlungen sollte einen Raum finden.