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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Leitlinien-Empfehlungen zum Monitoring chronischer Erkrankungen und ihre Evidenzgrundlage – ein systematisches Review

Victoria Koschemann 1
Lisette Warkentin 1
Annika Viniol 2
Thomas Kühlein 1
Susann Hueber 1
Felix Werner 1
1Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
2Philipps-Universität Marburg, Institut für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland

Text

Hintergrund: Monitoring spielt eine essentielle Rolle bei der Betreuung von Patient/-innen mit chronischen Erkrankungen. Nationale und internationale Leitlinien enthalten zum Teil Empfehlungen zu Monitoring-Maßnahmen, deren Evidenzgrundlage aber variiert.

Zielsetzung/Fragestellung: Das Ziel dieser Studie war es, Detailgrad und Evidenzlevel von Empfehlungen zum Monitoring zehn häufiger chronischer Erkrankungen in Leitlinien deutscher und europäischer Fachgesellschaften sowie des englischen NICE zu untersuchen.

Material und Methoden: Zur Identifikation relevanter Leitlinien wurde zunächst eine Leitliniensuche über die AWMF, das NICE und das GIN durchgeführt und S2e- bzw. S3-Äquivalente eingeschlossen. Anschließend wurden aus den identifizierten Leitlinien Empfehlungen zum Monitoring extrahiert und beurteilt. Dabei wurde sich auf Evidenzniveau sowie Ausführlichkeit im Hinblick auf Kontrollfrequenz, Erfassungsparameter und Konsequenzen fokussiert.

Ergebnisse: Es wurden insgesamt 29 Leitlinien bezüglich ihrer Empfehlungen zum Monitoring gesichtet. Alle sechs europäischen Leitlinien enthielten keine entsprechende Empfehlung. In deutschen und englischen Leitlinien fanden sich insgesamt 2.544 Empfehlungen, aus denen 163 Empfehlungen zum Monitoring extrahiert und beurteilt wurden. Zu Kontrollfrequenz sowie den Konsequenzen des Monitorings wurden weitestgehend unspezifische Aussagen getroffen, zudem war das Evidenzniveau meist niedrig oder es war keine Evidenzangabe zu finden. Nur ein geringer Anteil der Empfehlungen wurde als Negativempfehlung formuliert.

Diskussion: Das häufig fehlende bzw. geringe Evidenzlevel bei der Mehrheit der Leitlinien-Empfehlungen zum Monitoring sowie die fehlende Spezifität der Aussagen können zu Überdiagnostik, zu Unsicherheiten bei den Ärzt/-innen und zu unnötigen diagnostischen Kaskaden führen. Dies hat neben den Schadenspotentialen für Patient/-innen auch finanzielle und personelle Belastungen für das Gesundheitssystem zur Folge.

Take Home Message für die Praxis: Ärzt/-innen sollten sich bei der Planung von Monitoring-Maßnahmen der Problematik hinsichtlich der meist fehlenden Evidenz der Empfehlungen bewusst sein und den niedrigen Detailgrad der Empfehlungen berücksichtigen. Zudem sollte die Unsicherheit eines klinischen Vorteils aufgrund mangelnder Evidenz mehr Eingang in zukünftige Empfehlungen zum Monitoring finden.