59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Berufliche Wahrnehmung und Qualität stationärer Rotationen im Universitären Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Freiburg – erste Ergebnisse einer strukturierten Evaluation aus Sicht von Ärzt:innen in Weiterbildung
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Hintergrund: Der 2023 gegründete Universitäre Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin Freiburg verbindet systematisch stationäre und ambulante Weiterbildungsabschnitte mit universitärer Lehre und Forschung. Zur Sicherung und gezielten Weiterentwicklung der Weiterbildungsqualität wurde ein umfassendes Evaluationskonzept entwickelt, das auf dem Kernfragebogen der Bundesärztekammer basiert und um Indikatoren nach den DEGAM-Verbundweiterbildungplus-Qualitätsstandards (Flum et al.) ergänzt wurde. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Erfassung der beruflichen Wahrnehmung von Ärzt:innen in allgemeinmedizinischer Weiterbildung (ÄiW) im klinischen Umfeld.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie bewerten ÄiW die Qualität ihrer stationären Rotationen hinsichtlich Organisation, Betreuung und Arbeitsklima? Welche Stärken und Entwicklungsfelder lassen sich aus den ersten Evaluationen ableiten?
Diskussionspunkt: Die systematische Evaluation stationärer Rotationen liefert wichtige Ansätze für eine strukturierte Qualitätsentwicklung im Weiterbildungsverbund. Eine Befragung der Weiterbildungsbefugten ist in Vorbereitung. Langfristig soll eine 360°-Evaluation umgesetzt werden, die die Perspektiven der ÄiW, Weiterbildungsbefugten und Verwaltungspersonen integriert, um gezielt strukturelle Optimierungen abzuleiten und die akademische Integration der Allgemeinmedizin weiter zu stärken.
Inhalt: Nach jeder stationären Rotation werden ÄiW standardisiert online befragt. Der entwickelte Fragebogen (62 Items) umfasst vier Kernbereiche: Organisation, fachliche Betreuung, Arbeitsklima sowie berufliche Wahrnehmung der Allgemeinmedizin. Die ersten Rückmeldungen zeigen eine hohe Zufriedenheit mit der kollegialen Atmosphäre und der klinischen Betreuung. Eine Mehrheit berichtet jedoch über bestehende Vorurteile gegenüber der Allgemeinmedizin, etwa eine wahrgenommene geringere fachliche Relevanz oder unzureichende Anerkennung ihrer Tätigkeit. Verbesserungspotenziale wurden insbesondere bei strukturierten Weiterbildungsgesprächen, Feedbackkultur und individueller Förderung identifiziert.
Take Home Message für die Praxis: Gute Weiterbildung braucht mehr als Struktur – sie braucht Sichtbarkeit und Wertschätzung. Die Evaluation zeigt: Ärzt:innen in allgemeinmedizinischer Weiterbildung erfahren hohe Kollegialität, stoßen jedoch regelmäßig auf Vorurteile gegenüber ihrem Fach. Um die Attraktivität und Qualität der allgemeinmedizinischen Weiterbildung langfristig zu sichern, braucht es nicht nur klare Standards, sondern auch eine gelebte akademische Kultur der Anerkennung, Reflexion und Mitgestaltung.