59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Medikationsmanagements bei Polypharmazie in der Primärversorgung
Text
Hintergrund: Polypharmazie stellt eine der zentralen Herausforderungen in der hausärztlichen Versorgung älterer Menschen dar und wird mit erhöhten Risiken für unerwünschte Arzneimittelereignisse verbunden. Künstliche Intelligenz (KI)-gestützte Entscheidungsunterstützungssysteme können potenziell zur Optimierung des Medikationsmanagements beitragen.
Zielsetzung/Fragestellung: Die Machbarkeit bzw. Anwendbarkeit von KI-Tools, wie z.B. einem Large-Language Model (LLM) wie ChatGPT, soll im Medikationsmanagement bei Patientinnen/Patienten mit Multimedikation in der hausärztlichen Versorgung überprüft werden. Dabei werden sowohl die vorgeschlagene Veränderung des KI-Tools für die Entscheidungsfindung für ein Deprescribing als auch die wahrgenommenen Chancen und Herausforderungen in der Implementierung analysiert.
Diskussionspunkt: Die Studie soll Erkenntnisse zur Machbarkeit, Akzeptanz und potenziellen Anwendung solcher Tools in Medikationsmanagement in Primärversorgung liefern, somit stellt diese ein Proof-of-Concept dar. Diskutiert werden sollen mögliche Herausforderungen, Bedenken und fördernde und hemmende Faktoren zur Implementierung von KI-Tools in der Primärversorgung.
Inhalt: In dieser Mixed-methods-Feasibility-Studie wird die Anwendung von ChatGPT zur Analyse von standardisierten Medikationsplänen auf Effekt- und Prozessebene evaluiert. Die KI-Intervention besteht dabei darin, dass den hausärztlich Teilnehmenden Vorschläge gegeben werden zu identifizierter potenziell inadäquater Medikation (PIM). Mögliche Wechselwirkungen und Alternativen werden aufgezeigt. Für die Pilot-Effektevaluation werden an einem Purposeful-Sample von ca. 10 bis 15 Teilnehmenden verschiedene Outcomes (z.B. Akzeptanzniveau, Vertrauen in generierte Empfehlungen, System Usability Score) im prä-post-Vergleich erhoben. Bei einer Pilot-Prozessevaluation werden die Teilnehmenden mittels semistrukturierten Experteninterviews zu ihren Erfahrungen mit der KI-Intervention befragt (z.B. Einstellungen, Wissensstand und Akzeptanz). Die Analyse der Effektdaten erfolgt rein deskriptiv auf Stichprobenebene und die Auswertung der Prozessdaten aus den semistrukturierten Experteninterviews erfolgt mittels thematischer Analyse nach Braun & Clarke.
Take Home Message für die Praxis: KI-gestützte Tools könnten eine potentielle Unterstützung im Medikationsmanagement bieten, insbesondere bei komplexen Polypharmaziefällen und großen Datenmengen. Eine strukturierte und phasengerechte Integration in den hausärztlichen Alltag könnte zur Optimierung der Arzneimittelsicherheit beitragen.