59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
AVA (AI-supported vaccination assistant) – gemeinsame Entscheidungsfindung zur Verbesserung der Impfraten bei Patienten mit leichten kognitiven Störungen in der Primärversorgung
2University of Oxford, Department of Population Health and Statistics, Oxford, Großbritannien
3LMU München, Institut für Statistik, München, Deutschland
4University of Maryland, Social Data Science Center, USA
Text
Hintergrund: Jährliche Impfungen gegen Covid-19 und saisonale Influenza werden allen Menschen ab 60 Jahren von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfohlen. Jedoch sind die Impfquoten bei diesen vulnerablen Personen unzureichend. Zugleich leiden 12–18% aller Menschen ab 60 Jahren unter Anzeichen leichter kognitiver Einschränkungen. Eine zielgruppenspezifische Patientenaktivierung und Impfberatung können für hausärztliche Praxisteams eine große Herausforderung sein. Der Einsatz von adaptierten Sprachassistenten mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz kann dabei eine ressourcenschonende Unterstützung bieten.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es zu prüfen, ob der zielgruppenspezifisch adaptierte Sprachassistent „AVA“ die Impfquoten gegen die saisonale Grippe und Covid-19 bei Patienten ab 60 Jahren mit leichten kognitiven Einschränkungen verbessern kann und dabei einer telefonischen Impferinnerung und -beratung durch medizinische Fachangestellte nicht unterlegen ist.
Diskussionspunkt: Faktoren wie soziale Isolation, Scham oder Skepsis könnten die Erreichbarkeit der Zielgruppe für in der hausärztlichen Praxis erschweren. Neben der Rekrutierung über Hausarztpraxen gilt es weitere Zugänge zu definieren.
Inhalt: Der projektspezifisch entwickelte Sprachassistent „AVA“ bietet neben der Patientenaktivierung auch eine dialogbasierte Impfberatung an. Der Gesprächsverlauf folgt evidenzbasierten Richtlinien und berücksichtigt die Prinzipien der gemeinsamen Entscheidungsfindung sowie die kognitiven und emotionalen Bedürfnisse potentieller Patienten. Die Entwicklung und Implementierung von „AVA“ soll in zwei Phasen untersucht werden. In einer Mixed-methods-Prozessevaluation erfolgt eine Testung entlang möglicher Szenarien durch hausärztliche Praxisteams und interessierte Bürger des Bayerischen Forschungsnetzes in der Allgemeinmedizin (BayFoNet). Nach erfolgter Anpassung des Sprachassistenten, wird dieser in der eigentlichen Zielgruppe getestet. Neben den Impfraten gegen Covid-19 und saisonale Influenza, werden die Kosteneffektivität, die Impfbereitschaft, die Fähigkeit zum Selbstmanagement und die empfundene Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung als sekundären Endpunkt erfasst.
Take Home Message für die Praxis: „AVA“ bietet das Potential einer niederschwelligen und ressourcenschonenden Impferinnerung und -beratung für ältere Menschen mit kognitiven Einschränkungen und kann als Anwendungsfall für den Einsatz künstlicher Intelligenz in der hausärztlichen Versorgung verstanden werden.