59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Stress und Burnout-Risiken in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung: Belastungen und Unterstützungsbedarfe aus Sicht von Ärzt:innen in Weiterbildung Sachsen
2Universität Leipzig, Institut für Allgemeinmedizin, Leipzig, Deutschland
Text
Hintergrund: Die fachärztliche Weiterbildung (WB) rückt zunehmend in den Fokus gesundheitspolitischer Debatten. Wiederholt wird ein hohes Maß an Stress bei Ärzt:innen in Weiterbildung (ÄiW) beschrieben. Diese Belastungen erhöhen das Risiko für Burnout, verlängern die Weiterbildungsdauer und steigern die Wechselbereitschaft in andere Fächer. Dies kann dazu führen, dass junge Ärzt:innen bereits erschöpft in das Berufsleben starten.
Zielsetzung/Fragestellung: Welche Belastungen erleben ÄiW und wie wirken sich diese auf das Stress- und Burnout-Risiko während der allgemeinmedizinischen Weiterbildung aus?
Material und Methoden: Die Studie ist als Mixed-methods-Trendstudie im Rahmen der Begleitforschung des Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Sachsen (KWASa) angelegt (Explanatory Design, Laufzeit: 6 Jahre). Phase 1 wurde im April 2023 mit einem quantitativen Online-Fragebogen unter am KWASa registrierten ÄiW durchgeführt. In Phase 2 folgen ab Sommer 2025 leitfadengestützte Interviews, um die quantitativen Ergebnisse qualitativ zu vertiefen und individuelle Perspektiven einzubeziehen.
Ergebnisse: Die bisherige Erhebung bestätigt eine hohe Belastung in der WB und lässt erste konkrete Stress und Burnout-Risiken herausstellen. In ambulanten Abschnitten spielen v.a. Struktur und Organisation eine Rolle. Stationär dominieren Aspekte wie mangelnde Vereinbarkeit zwischen Berufs- und Privatleben, fehlendes Feedback und hohe Arbeitsintensität. Als Folge erhöhter Belastungen verlängerten 78% der ÄiW die WB, 54% hatten eine Unterbrechung von ≥1 Jahr und 27% dachten über Abbruch oder Facharztwechsel nach. 68% der ÄiW wünschten sich mehr Unterstützung auf institutioneller Ebene, vor allem durch die Vorgesetzten in Kliniken und weiterbildenden Hausärzt:innen, gefolgt von der SLÄK und KVS. Zudem wünschen sich ÄiW mehr Zeit für Erklärungen und Fallbesprechungen, verpflichtende Vorgaben zur Organisation und Flexibilisierung der WB sowie klare Regelungen zur Teilnahme an Fortbildungen, zur Praxisgründung und zur finanziellen Absicherung.
Diskussion: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass ÄiW erheblichen Belastungen ausgesetzt sind, die sowohl die Weiterbildungsdauer als auch das Risiko für Stress und Burnout erhöhen. Um dem entgegenzuwirken, sind gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur psychosozialen Unterstützung dringend erforderlich.
Take Home Message für die Praxis: Hoher Stress und unzureichende Unterstützung gefährden die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin – strukturelle Verbesserungen und verlässliche Begleitung sind essenziell für die Zukunft des Fachs.