59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Qualitative Untersuchung eines Modells einer allgemeinmedizinischen Rotation während der fachärztlichen Weiterbildung im Sanitätsdienst der Bundeswehr
2Universität Regensburg, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Abteilung Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
3Bayerisches Zentrum für Krebsforschung, BZKF, Deutschland
4Universitätsklinikum Regensburg, Klinik für Innere Medizin III, Hämatologie und Onkologie, Regensburg, Deutschland
5Sanitätsunterstützungszentrum Kümmersbruck, Sanitätszentrum Oberviechtach, Kümmersbruck, Deutschland
Text
Hintergrund: Demografisches Altern und die Zunahme chronischer Erkrankungen erfordern eine stärkere Vernetzung im Gesundheitssystem, v.a. zwischen Haus- und FachärztInnen. Barrieren wie vergleichsweise geringe Anerkennung der Allgemeinmedizin, ihre teils untergeordnete Rolle in der universitären Ausbildung und defizitäre Schnittstellenkommunikation erschweren dies. Erste Ansätze setzen auf eine verstärkte Präsenz der Allgemeinmedizin in der universitären Lehre und Ausbildung. Postuniversitär wird die Allgemeinmedizin in den spezialisierten Facharztcurricula teilweise anerkannt, doch Modelle und Evaluierungen zu ihrem Einbezug fehlen weitgehend. Im Weiterbildungscurriculum der Bundeswehr ist eine allgemeinmedizinische Rotation für nahezu alle angehenden FachärztInnen obligat, jedoch bislang nicht untersucht.
Zielsetzung/Fragestellung: Die qualitative Arbeit untersucht Sichtweisen von FachärztInnen in Weiterbildung auf den Einfluss allgemeinmedizinischer Rotation. Im Fokus stehen folgende Aspekte: Rollenverständnis der Allgemeinmedizin, erlernte Kompetenzen aus der Allgemeinmedizin für das spezialisierte Fachgebiet (transformativer Wissensgewinn) und erlernte Kompetenzen für eine bessere intraprofessionelle Zusammenarbeit und Patientenversorgung (Schnittstellenarbeit).
Material und Methoden: Leitfadenbasierte Interviews. Transkribierte Aussagen der Interviews wurden mittels Framework-Analyse ausgewertet. Den aus der Literaturrecherche identifizierten Kategorien Rollenverständnis, transformativer Wissensgewinn und Schnittstellenarbeit wurden Unterkategorien aus dem theoretischen Modell nach Kirkpatrick und Reeves (Level 1–4) zugeordnet und die Auswertung so strukturiert.
Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Abstracterstellung wurden 20 Interviews durchgeführt. Das mediane Alter der TeilnehmerInnen betrug 34 Jahre [IQR 32–36 Jahre]; 45% der Teilnehmenden waren weiblich. Ergebnisse der Analyse sollen auf dem DEGAM-Kongress 2025 erstmalig präsentiert werden.
Diskussion: Die Studie generiert erste Thesen, inwiefern die Allgemeinmedizin zu einer Kompetenzentwicklung innerhalb anderer Fachrichtungen beitragen kann. Es wird diskutiert, ob die Rotation dazu beitragen könnte, interdisziplinäre Zusammenarbeit im Sinne optimaler, patientenorientierter Versorgung zu verbessern.
Take Home Message für die Praxis: Die vorliegende Studie liefert wichtige, bislang fehlende, erste Erkenntnisse zu der Frage, ob die allgemeinmedizinische Rotation die sektorenübergreifende Zusammenarbeit, intraprofessionelle Kommunikation und damit die Versorgungsqualität verbessern könnte.