59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Wie nehmen Menschen mit Immunsuppression berufliche Veränderungen während der Covid-19-Pandemie wahr? Ergebnisse einer Mixed-methods-Studie in Deutschland
2Michigan State University, Department of Family Medicine, College of Human Medicine, USA
3Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Hannover, Deutschland
4Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Partnerstelle Hannover-Braunschweig, Deutschland
5Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin, CiiM, Deutschland
6Medizinische Hochschule Hannover, Studiendekanat, Hannover, Deutschland
7Universitätsklinikum Münster, Abteilung für Urologie, Münster, Deutschland
Text
Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie beeinflusst Menschen in unterschiedlichen Bereichen des Lebens, so auch in ihrem Beruf. Nicht alle sind gleichermaßen betroffen - bei Menschen mit chronischen Erkrankungen können vermehrt Stress oder soziale Probleme auftreten. In dieser Studie konzentrieren wir uns auf Menschen mit Immunsuppression, welche ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung haben.
Zielsetzung/Fragestellung: Unser Ziel ist es, zu untersuchen, wie Menschen mit Immunsuppression berufliche Veränderungen wahrnehmen und welchen Einfluss dies auf ihre soziale Teilhabe hat. Wir fokussieren uns dabei auf die Frage, inwieweit berufliche Veränderungen während der COVID-19-Pandemie in Hinblick auf ihre gesundheitliche Einschränkung als belastend oder erleichternd wahrgenommen werden.
Material und Methoden: Wir verwenden ein Mixed-methods-Design mit qualitativen Interviews (N=13) sowie einer quantitativen Querschnittsbefragung (N=179). Mithilfe dieses Ansatzes erhalten wir einen Einblick in das Erleben beruflich-sozialer Teilhabe bei Menschen mit Immunsuppression während der COVID-19-Pandemie.
Ergebnisse: Qualitative Ergebnisse zeigen, dass die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice von vielen Betroffenen als erleichternd empfunden wurde, da medizinische Notwendigkeiten besser in den Alltag integriert werden konnten. Die Rücksichtnahme durch das berufliche Umfeld spielte für alle Befragten eine wichtige Rolle. Unsere Interview-Ergebnisse weisen darauf hin, dass die familiäre Situation (z.B. Kinder) und das Verhältnis zu Kolleg:innen die Wahrnehmung von Veränderung im Beruf beeinflussen. Die quantitative Untersuchung ergab einen möglichen Zusammenhang zwischen mentaler Gesundheit sowie Berufstätigkeit und sozialer Teilhabe, wobei Berufstätigkeit den negativen Einfluss schlechterer mentaler Gesundheit auf die soziale Teilhabe reduzierte.
Diskussion: Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass berufliche Veränderungen von Menschen mit Immunsuppression nicht generell als Belastung oder Erleichterung empfunden werden. Dennoch können bestimmte Maßnahmen dabei helfen, Menschen mit Immunsuppression unter Pandemiebedingungen (und allgemein) besser in das Berufsleben zu integrieren. Dazu gehören die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice und die Einhaltung hygienischer Maßnahmen am Arbeitsplatz.
Take Home Message für die Praxis:
- Menschen mit Immunsuppression profitieren von flexiblen Arbeitszeiten und Hygienemaßnahmen am Arbeitsplatz
- Berufstätigkeit ist ein protektiver Faktor hinsichtlich sozialer Teilhabe bei Menschen mit eingeschränkter mentaler Gesundheit