59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
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Routinedatenbasierte Feedbackberichte in Qualitätszirkeln – Alter Hut oder unterschätzte Informationsquelle? Betrachtung des Einsatzes von GLP-1-Rezeptoragonisten in Hausarztpraxen
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Hintergrund: Qualitätszirkel (QZ) sind ein etabliertes Instrument der ärztlichen Qualitätsförderung und -sicherung. In dem Projekt Pharmakotherapie-QZ innerhalb der Hausarztzentrierten Versorgung in Baden-Württemberg bilden praxisindividuelle, routinedatenbasierte Feedbackberichte mit Benchmarking zur ärztlichen Vergleichsgruppe zusammen mit evidenzbasierten Behandlungsempfehlungen die Grundlage für die moderierte Diskussion in den Gruppen. Hierfür wertet das aQua-Institut seit mehreren Jahren Routinedaten der Projektpartnerin AOK Baden-Württemberg aus. Im Rahmen des QZ-Themas Typ-2-Diabetes (T2D) wurde die Verordnung von Antidiabetika betrachtet.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel war es, zu untersuchen, inwiefern GLP-1-Rezeptoragonisten entsprechend aktuellen Empfehlungen in der Hausarztpraxis verordnet werden.
Material und Methoden: Als Datengrundlage dienten Routinedaten (§§ 295, 300 SGB V) der AOK Baden-Württemberg von Praxen der Allgemeinmedizin, praktischen und hausärztlich tätigen internistischen Praxen aus den ersten beiden Quartalen 2023. Es wurden Versicherte mit einer Diagnose T2D (ICD-10-Kode E11) und einer Verordnung von GLP-1-Rezeptoragonisten (ATC-Kode A10BJ) betrachtet.
Ergebnisse: Im 1. Halbjahr 2023 erhielt über die Hälfte der 440.967 Versicherten mit T2D eine Verordnung über Antidiabetika aus der Hausarztpraxis, 5,9% erhielten GLP-1-Rezeptoragonisten. Unter Berücksichtigung von Verordnungen anderer Fachgruppen wurden 23,1% der Versicherten mit T2D und kardiovaskulärer Erkrankung leitliniengerecht mit Metformin plus SGLT2-Hemmer oder GLP-1-Rezeptoragonist behandelt. 3.896 Praxen behandelten mindestens eine versicherte Person mit T2D, kardiovaskulärer Erkrankung und antidiabetischer Medikation. Pro Praxis erhielten im Median 24,0% dieser Versicherten die empfohlenen Antidiabetika Liraglutid oder Empagliflozin. Im 2. Halbjahr 2019 lag dieser Wert bei 7,7%.
Diskussion: QZ-Projekte mit routinedatenbasierten Feedbackberichten erlauben eine detaillierte Auswertung von Arzneimittelverordnungen. Im 1. Halbjahr 2023 wurde etwa ein Viertel der AOK-Versicherten mit T2D und manifester kardiovaskulärer Erkrankung mit empfohlenen Antidiabetika behandelt, eine deutliche Steigerung gegenüber 2019. Die mit Routinedaten einhergehenden Limitationen sind zu berücksichtigen.
Take Home Message für die Praxis: Routinedaten gestützte QZ stellen eine fachgruppenspezifische Informationsquelle dar und bieten die Chance, die eigene Versorgungsqualität zu erhöhen.