59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Bildgebende Monitoring-Routinen bei Koronarer Herzkrankheit und nach Schlaganfall: eine qualitative Analyse von wahrgenommener Sicherheit aus Perspektive von Ärzt:innen und Patient:innen
2Philipps-Universität Marburg, Institut für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland
Text
Hintergrund: Bei chronischen Erkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit (KHK) und dem Zustand nach Apoplex haben sich proaktive Versorgungsmodelle etabliert. Zentrale Elemente sind regelmäßige Monitoring-Untersuchungen, welche zum Teil bildgebende Verfahren beinhalten. Diese Routinen können die Prognose verbessern, bringen jedoch diagnostische Belastung, Unsicherheiten sowie personelle und finanzielle Anforderungen mit sich. Die Interviewstudie im Forschungsprojekt „ChroMo“ beleuchtet regelmäßiges Monitoring aus Perspektive von Patient:innen und Ärzt:innen am Beispiel der Duplexsonografie und Echokardiografie.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie nehmen Ärzt:innen verschiedener Fachrichtungen und Patient:innen Monitoring-Untersuchungen war?
Material und Methoden: Zwischen September 2023 und März 2024 wurden qualitative, semi-strukturierte Einzelinterviews geführt, die mittels thematischer Inhaltsanalyse ausgewertet wurden.
Ergebnisse: An den Interviews nahmen 14 Patient:innen sowie 22 Fachärzt:innen aus Allgemeinmedizin, Kardiologie und Neurologie teil. Ärzt:innen beschrieben regelmäßige Ultraschalluntersuchungen als festen Bestandteil ihrer Monitoring-Routinen. Diese führen sie zum einen durch, um sich selbst abzusichern und das Risiko zu minimieren, etwas zu übersehen. Zudem sollen auch die wenigen Patient:innen mit relevanten Befunden frühzeitig identifizieret werden. Ärzt:innen fühlten sich meist unwohl oder betrachten es als riskant, Ultraschalluntersuchungen bei asymptomatischen Patient:innen wegzulassen. Patient:innen berichteten von großem Vertrauen in die wiederkehrenden Kontrollen. Bildgebende Verfahren wurden als zentral für verlässliche Betreuung angesehen. Sie vermittelten ein Gefühl von Sicherheit im Umgang mit der eigenen Erkrankung. Ein möglicher Wegfall wurde meist mit Ängsten einer Versorgungsverschlechterung verbunden.
Diskussion: Etablierte Routinen werden selten hinterfragt. Die Implementierung von Monitoring-Maßnahmen in die Versorgung erfordert eine sorgfältige Entscheidungsfindung, da jede Maßnahme eine langfristige Verfestigung in der Versorgungsroutine zur Folge haben kann. Einmal etablierte Behandlungsabläufe lassen sich schwer wieder aus dem Versorgungskontext entfernen, ohne dass dies von den Patient:innen als Rationierung oder Verschlechterung der Versorgungsqualität wahrgenommen wird.
Take Home Message für die Praxis: Ein guter Überblick über die von spezialisierten Fachärzt:innen veranlassten Monitoring-Maßnahmen unterstützt Hausärzt:innen dabei, Patient:innen beratend zu begleiten und gemeinsam die Sinnhaftigkeit einzelner Routinen zu reflektieren.