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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Diagnosespektrum vor Endometriose-Erstdiagnose: Zwischenergebnisse einer bundesweiten Fall-Kontroll-Studie anhand vertragsärztlicher Abrechnungsdaten über 12 Jahre

Claudia Kohring 1,2
Jakob Holstiege 1
Manas K. Akmatov 1
Iris Brandes 3
Sylvia Mechsner 4
1Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Epidemiologie und Versorgungsatlas, Deutschland
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
3Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland
4Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Endometriosezentrum, Berlin, Deutschland

Text

Hintergrund: Für Endometriose-Patientinnen dauert es nach wie vor lang bis sie nach ersten Symptomen die richtige Diagnose bekommen. Der Diagnoseverzug sollte bei unter 5 Jahren liegen, um das Risiko ungünstiger Krankheitsverläufe zu reduzieren.

Zielsetzung/Fragestellung: Studienziel ist die Analyse der im ambulanten Sektor dokumentierten Diagnosen in den 9 Jahren vor der Endometriose-Erstdiagnose verglichen mit Myom-Patientinnen und Patientinnen ohne Endometriose und Myom.

Material und Methoden: Datenbasis dieser Fall-Kontroll-Studie bildeten die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Jahre 2012–2023. Eingeschlossen wurden Patientinnen (10–52 Jahre) mit Leistungsinanspruchnahme im Indexjahr (2021–2023) sowie im jeweiligen Kalenderjahr 9 Jahre zuvor. Patientinnen mit inzidenter Endometriose (Fälle) wurden im Verhältnis 1:1 mit inzidenten Myom-Patientinnen (Krankheitskontrolle) und 1:2 mit Patientinnen ohne Endometriose/Myom (gesunde Kontrolle) im Studienzeitraum gematcht. Die Auswertung des Diagnosespektrums in den Vorjahren erfolgte auf Basis dokumentierter ICD-10-Dreisteller (n=1.324). Als erstes Zwischenergebnis sollen für ausgewählte Beschwerden Prävalenzen sowie Prävalenzratios (PR) als Quotient der Prävalenz zwischen Fällen und erkrankungsspezifischen bzw. gesunden Kontrollen präsentiert werden.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 112.172 Endometriose-Patientinnen, 70.980 Myom-Patientinnen und 224.344 Patientinnen ohne Endometriose und Myom eingeschlossen. Die höchste Prävalenz bei Endometriose-Patientinnen hatten Bauch-/Beckenschmerzen (R10, 85%). Bei Myom-Patientinnen und gesunden Kontrollen traten nichtentzündliche Krankheiten der Vagina (N89, 81% bzw. 73%) am häufigsten auf. Fälle zeigten vor Erstdiagnose gegenüber beiden Kontrollgruppen eine erhöhte Morbidität von mit Endometriose zusammenhängenden Beschwerden, u.a.: Menstruationsbeschwerden/-schmerzen (PRs zwischen 1,06–1,49), urogenitale Beschwerden (1,06–2,27), Darmbeschwerden (1,15–2,02), Migräne und Kopfschmerzen (1,11–1,36).

Diskussion: Die Zwischenergebnisse belegen eine bereits in den Vorjahren der Endometriose-Erstdiagnose vermehrte ärztliche Inanspruchnahme aufgrund bekannter, mit Endometriose assoziierter Beschwerden. Mit der Untersuchung des Gesamtdiagnosespektrums können weitere Auffälligkeiten identifiziert werden. Die Ergebnisse können dazu beitragen, den Verzug zwischen Symptombeginn und Diagnose zu verkürzen.

Take Home Message für die Praxis: Im Sinne einer zeitnahen und korrekten Diagnosestellung sollten Ärztinnen und Ärzte Endometriose frühzeitig als Differenzialdiagnose in Betracht ziehen.