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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Kurze Lebensstilberatung im Praxisalltag – machbar, aber nicht ausreichend?

Simon Memmer 1
Raphael Kunisch 1
Marco Roos 1
Zekeriya Aktürk 1
1Augsburg Universität, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, Deutschland

Text

Hintergrund: Trotz der beschriebenen Wirksamkeit präventiver Maßnahmen wird Lebensstilberatung in der hausärztlichen Versorgung selten systematisch untersucht.

Zielsetzung/Fragestellung: Kann eine strukturierte, kurze Lebensstilberatung den systolischen Blutdruck und gesundheitsrelevante Parameter bei hausärztlich betreuten Patienten positiv beeinflussen – und ist sie im Praxisalltag umsetzbar?

Material und Methoden: In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurden Erwachsene in einer allgemeinmedizinischen Praxis in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe eingeteilt. Alle erhielten einen Fragebogen über Selbsteinschätzung bezüglich Bewegung, Ernährung, Stresserleben und Auswirkungen des Verhaltens auf das Klima. Teilnehmende der Interventionsgruppe erhielten eine kurze, individualisierte Lebensstilberatung, die Kontrollgruppe die übliche Behandlung (usual care). Primärer Endpunkt war der systolische Blutdruck; sekundäre Endpunkte umfassten diasystolischen Blutdruck, BMI und Taille-Hüft-Index. Die Daten wurden bei Einschluss (T1) und im Median nach 10 Wochen (T2) erhoben und mit Mixed-Effects-Modellen analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 209 Teilnehmende eingeschlossen. Durchschnittlich betrug die Beratungsdauer 3,6 Minuten bei der ersten und 2,4 Minuten bei der zweiten Begegnung. Der systolische Blutdruck sank in der Interventionsgruppe zwischen T1 und T2 im Mittel um –2,3 mmHg, dieser Rückgang war jedoch nicht signifikant. Der Unterschied zur Kontrollgruppe war ebenfalls nicht signifikant. Für den diastolischen Blutdruck, den BMI und den Taille-Hüft-Index zeigten sich weder signifikante zeitliche Veränderungen noch Gruppenunterschiede.

Diskussion: Die Studie zeigt, dass eine kurze Lebensstilberatung in den hausärztlichen Alltag integrierbar ist und im Praxisablauf umsetzbar war. Trotz der qualitativ hochwertigen Methodik ließ sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen nachweisen. Dies könnte darauf hinweisen, dass der Einfluss ärztlicher Beratung auf den Lebensstil begrenzt ist. Wahrscheinlich überwiegen andere Faktoren wie sozioökonomische Bedingungen, familiäre Routinen oder das Lebensumfeld. Eine qualitative Begleitstudie könnte helfen zu verstehen, ob und wie die Intervention das Verhalten der Teilnehmenden beeinflusst hat.

Take Home Message für die Praxis: Lebensstilberatung ist im Praxisalltag zeitlich umsetzbar. Ihr isolierter Effekt bleibt jedoch begrenzt – vermutlich beeinflussen strukturelle und lebensweltliche Faktoren das Gesundheitsverhalten stärker als ärztliche Empfehlungen.