59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Genetischer Erregernachweis mittels molekularem Point-of-Care-Testing (mPOCT) in Hausarztpraxen: potenzieller Nutzen und wichtige Rahmenbedingungen aus Sicht von Hausärztinnen und Hausärzten
Text
Hintergrund: In hausärztlichen Praxen wird umfänglich mit Point-of-Care-Testing (POCT) gearbeitet, das zur Diagnosesicherheit und damit Patientensicherheit beiträgt. mPOCT (molekulares Point-of-Care-Testing) vereint die Präzision von Labor-PCR-Tests mit der Schnelligkeit von nicht molekularen Schnelltests. Über die Akzeptanz von mPOCT in deutschen Hausarztpraxen ist bisher wenig bekannt.
Zielsetzung/Fragestellung: Mit dieser Fragebogenstudie sollte erfasst werden, ob Hausärzt:innen (HÄ) schon Erfahrungen mit mPOCTs gemacht haben, welche Einstellungen und Einschätzungen zum potenziellen Nutzen dieser neuen technologischen Möglichkeiten sie sehen und welche Rahmenbedingungen für den Einsatz von mPOCTs aus ihrer Sicht gegeben sein müssten.
Material und Methoden: Im 4. Quartal 2024 wurde eine papier-basierte Querschnittbefragung unter sächsischen HÄ im PLZ-Bereich 07, 08 und 09 durchgeführt. Die Auswertung erfolgte deskriptiv-statistisch sowie qualitativ-inhaltsanalytisch.
Ergebnisse: Wir erhielten 123 ausgefüllte Fragebögen von 802 angeschriebenen HÄ zurück (Rücklaufquote 15,3%). Vorerfahrungen mit mPOCT waren selten (13,4%) und ergaben sich aus dem Einsatz im Rahmen von Studien oder im Krankenhaus. Unabhängig von der bisherigen Nutzung wurde der potenzielle Nutzen von mPOCTs in Hausarztpraxen von mehr als der Hälfte der Teilnehmenden (50,8%) als groß oder sehr groß eingeschätzt. HÄ aus Praxen, die täglich PCRs in externe Labore sendeten, schätzten den potenziellen Nutzen signifikant höher ein (69,4% vs. 39,7%, p=0,002). Eine Tendenz zum höher bewerteten Nutzen zeigte sich bei Praxen mit ländlich geprägtem Patientenklientel.
Die hohe Präzision und schnelle Verfügbarkeit der Testergebnisse wurde als am wichtigsten betrachtet. Die Voraussetzung für die Nutzung wäre eine gesicherte Übernahme der Kosten. Als Patientengruppe, die besonders von der Nutzung von mPOCT profitieren würde, wurden einerseits chronisch Kranke, Multimorbide und Immunsupprimierte hervorgehoben, andererseits Patient:innen mit bestimmten Infektionserkrankungen und deren Verbreitungsrisiken genannt.
Diskussion: Insgesamt zeigte sich in unserer Studie eine überraschend hohe Bereitschaft, mPOCT in der Hausarztpraxis zu nutzen, sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Die Ergebnisse ergänzen die klinische RespiCare-Studie, welche die Machbarkeit und den Einsatz von mPOCT in Hausarztpraxen untersucht.
Take Home Message für die Praxis: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, stehen viele HÄ der Nutzung von mPOCT aufgeschlossen gegenüber.