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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Inanspruchnahme von strukturierten Vorsorgeuntersuchungen (Check-Up Ü35) in der hausarztzentrierten Versorgung: eine Zeitreihenanalyse

Anne Schrimpf 1
Torben Ostendorf 1
Annett Bräsigk 1
Markus Bleckwenn 1
1Universität Leipzig, Institut für Allgemeinmedizin, Leipzig, Deutschland

Text

Hintergrund: Die Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchung „Check-Up Ü35“ kann alle drei Jahre in Anspruch genommen werden und wird von der Hälfte der gesetzlich versicherten Anspruchsberechtigten regelmäßig genutzt. Im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) kann das Check-Up Ü35 alle zwei Jahre in Anspruch genommen werden. Im Verlauf der COVID-19-Pandemie kam es bundesweit zu einem deutlichen Rückgang bei der Inanspruchnahme des Check-Up Ü35. Inwiefern diese Effekte auch in der HzV zu beobachten waren, ist nicht bekannt.

Zielsetzung/Fragestellung: Wie hat sich die COVID-19-Pandemie auf die Nutzung der Präventionsleistung Check-Up Ü35 in der HzV in Deutschland ausgewirkt?

Material und Methoden: Mit einer unterbrochenen Zeitreihenanalyse (ARIMA) wurden retrospektiv die monatlichen Veränderungen (von 01/2017 bis 03/2023) der Inanspruchnahme von Check-Up Ü35 durch Patient:innen (PA) in der HZV vor und nach dem Beginn der Pandemie ausgewertet. Als Kontrollzeitraum vor der Pandemie diente die durchschnittliche Inanspruchnahme der Jahre 2017–19. Als Prädiktoren wurden der 1. Lockdown (03/–05/2020), die 1. Erholungsphase (06/–10/2020), der 2. Lockdown (11/2020–02/2021) und die 2. Erholungsphase (03/–04/2021) in die Analysen eingeschlossen. Die Auswertung fand auch getrennt für Geschlecht/Altersgruppen statt. Die Daten wurden von der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft bereitgestellt.

Ergebnisse: Es wurden 5.131.523 Fälle ausgewertet. Im Vergleich zur Inanspruchnahme in 2017–19, ist diese im 1. Lockdown um 28,5% gesunken. In der 1. Erholungsphase gab es einen Anstieg der Inanspruchnahme um 20% im Vergleich zu den Monaten in den Jahren 2017–19. Der 2. Lockdown hat zu keiner Veränderung der Inanspruchnahme gegenüber den Vorjahren geführt (0,1%). In der 2. Erholungsphase gab es einen Anstieg der Inanspruchnahme um 22%.

Diskussion: Die Pandemie hatte einen starken, aber temporären Einfluss auf die Inanspruchnahme des Check-Up Ü35 in der HzV. Während des 1. Lockdowns fielen die Zahlen drastisch, erholten sich jedoch schnell. Die Werte blieben im 2.Lockdown stabil. Möglicherweise konnten Praxen in der HZV eine aktivere Rolle bei der Reaktivierung von Vorsorgeleistungen nach der Pandemie gespielt haben. Der Umgang mit Präventionsleistungen im Rahmen einer möglichen nächsten Pandemie wird diskutiert.

Take Home Message für die Praxis:

  • Die COVID-19-Pandemie führte zu einem deutlichen, aber nur vorübergehenden Rückgang der Inanspruchnahme des Check-Up Ü35 in der HzV.
  • Praxen könnten eine zentrale Rolle dabei gespielt haben, Vorsorgeuntersuchungen trotz Pandemie wieder aufzunehmen.