59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Delegationspotenziale in der Primärversorgung – Einstellungen, Erfahrungen und Optimierungsansätze aus hausärztlicher Sicht
Text
Hintergrund: Der besonders auf dem Land bestehende und sich durch den demografischen Wandel verschärfende Ärzt:innenmangel stellt langfristig eine Gefahr für die Primärversorgung dar. Als ein Lösungsansatz ist die Delegation an nicht-ärztliche Mitarbeiter:innen bereits etabliert, was sich in Fortbildungsmodellen wie VERAH oder NäPa niederschlägt. Bislang fehlen Studien, die Einstellungen und Erfahrungen von Hausärzt:innen bezüglich Delegation in der Praxis beleuchten und Schlussfolgerungen für die Patientenversorgung besonders auf dem Land ziehen.
Zielsetzung/Fragestellung: Die Studie exploriert hausärztliche Einstellungen, Erfahrungen sowie Ideen zur Optimierung der Delegation in der Hausarztpraxis.
Material und Methoden: Im Zeitraum von 11/22–05/23 wurden 20 Interviews mit Hausärzt:innen aus RLP, Hessen und Bayern geführt und qualitativ ausgewertet.
Ergebnisse: Alle Interviewten stehen der Delegation positiv gegenüber, betrachten sie als relevant und berichten von überwiegend positiven Erfahrungen. Alle Befragten delegieren bereits verschiedene Aufgaben im Alltag, wie technische Untersuchungen und administrative Tätigkeiten. Vorteile seien Zeitersparnis und Entlastung, während ein anfänglicher Mehraufwand nachteilig sei. Gegenseitiges Vertrauen und die persönliche Qualifikation spielen eine zentrale Rolle. Die positiven Einstellungen und Erfahrungen ließen sich auch auf die Delegationsmodelle VERAH/NäPa übertragen. Besteht der Bedarf können spezielle Aufgaben wie Hausbesuche übernommen werden. Um die Delegation zu optimieren, könne man die Delegation in Leitlinien integrieren. Zudem brauche man mehr Personal, weitere Fortbildungen, eigene Räumlichkeiten wie Gesundheitskiosks. Voraussetzung sei eine Endbürokratisierung und zunehmende Digitalisierung.
Diskussion: Die bereits in anderen Studien erwähnte, primärärztliche Unterversorgung vor allem auf dem Land macht die Delegation ärztlicher Tätigkeiten essenziell. Hausärzt:innen nutzen die Möglichkeit bereits und stehen ihr positiv gegenüber. Trotzdem müssen die vorhandenen Kapazitäten weiter ausgebaut und optimiert werden. Die dazu geschilderten Ideen sind vielseitig und decken sich mit Ergebnissen anderer Studien.
Take Home Message für die Praxis: Die Delegation ist bereits im hausärztlichen Alltag integriert und essenziell, um den wachsenden Versorgungsauftrag zu gewährleisten. Delegationsmodelle können grade auf dem Land von großem Nutzen sein. Ein Ausbau von Delegationsmöglichkeiten und die Schaffung neuer Modelle und Berufsgruppen sind perspektivisch nötig, kombiniert mit Maßnahmen wie Digitalisierung und Entbürokratisierung.