59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
HEAT-CARE: Zusammenhang zwischen Hitze und der hausärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen in Unterfranken – eine explorative Analyse von Routinedaten der KV Bayern und Daten des Deutschen Wetterdienstes
2Hochschule Fulda, Fachbereich Gesundheitswissenschaften, Fulda, Deutschland
Text
Hintergrund: Die Auswirkungen von Hitze auf Patienten in der hausärztlichen Versorgung wurden bisher wenig beachtet. Insbesondere die chronische Krankheitslast und mögliche Dekompensationen wurden kaum erfasst.
Zielsetzung/Fragestellung: Betrachtet wird, inwiefern Hitze(-perioden) den hausärztlichen Versorgungsaufwand beeinflussen. Dieser wird durch Kodierhäufigkeit von kardiovaskulären Diagnosen und EBM-Ziffern dargestellt.
Material und Methoden: Analysiert wurden Daten aus der hausärztlichen Versorgung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und des Deutschen Wetterdienstes von 2010–2023. Eingeschlossen wurden in Unterfranken wohnende und in den Sommerquartalen hausärztlich behandelte volljährige Patienten (Patientenquartale N=7.159.353). Zur Vorhersage wurden die mittlere gefühlte Temperatur (gT) und die Anzahl an Hitzetagen von drei Messstationen in gemischten linearen Modellen verwendet. Kontrolliert wurde außerdem für Alter, Geschlecht und Wohnumfeld der Patienten. Vorhergesagt wurden die Anzahl an kardiovaskulär relevanten Hauptdiagnosen (Auswahl aus I-Gruppe im ICD), Dekompensationsdiagnosen (Auswahl aus R-Gruppe im ICD), ausgewählten Kodierungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) und Medikamentenverordnungen je Quartal und Patient. Durch einen zufälligen Effekt wurde für weitere Einflüsse der Person kontrolliert. Je Prädiktor wurde ein Modell gerechnet.
Ergebnisse: Die Ergebnisse werden pro 1000 Patienten dargestellt. Es wurden pro Erhöhung der mittleren gT um ein Grad Celsius 3,8 Hauptdiagnosen mehr/2,8 Dekompensationsdiagnosen mehr gestellt und 4,3 EBM-Kodierungen mehr vorgenommen. Pro zusätzlichem Hitzetag über der durchschnittlichen Anzahl im Quartal (ca. 9) ergab sich eine Zunahme um ca. 2,2 Hauptdiagnosen, 1,6 Dekompensationsdiagnosen und 1,8 EBM-Kodierungen. Höheres Alter und städtische Wohngegend gingen mit vermehrten Kodierungen einher. Weitere Ergebnisse sind in Bearbeitung.
Diskussion: Die Zusammenhänge geben bereits in quartalsweiser zeitlicher Auflösung Hinweise darauf, dass sich negative Auswirkungen von Hitze im hausärztlichen Setting zeigen und einen vermehrten Versorgungsaufwand bedingen können. Dies gilt insbesondere im urbanen Wohnraum und bei älteren Patienten.
Take Home Message für die Praxis: Häufigere Hitze und die zunehmende Anfälligkeit der alternden Gesellschaft lassen einen steigenden hausärztlichen Versorgungsaufwand erwarten. Patientenschulung und Therapieadaptation an Hitze dürften also immer wichtiger werden.