59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
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eHealth im Humanmedizinstudium der Universität zu Lübeck: eine Querschnittsstudie
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Hintergrund: Die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens erfordert von Ärzt:innen fundierte Kenntnisse im Umgang mit digitalen Technologien. Internationale Beispiele zeigen, dass eHealth-Inhalte zunehmend systematisch in die medizinische Ausbildung integriert werden. In Deutschland hingegen ist die curriculare Umsetzung bislang uneinheitlich. Studierende und Absolvent:innen fordern eine stärkere Verankerung digitaler Gesundheitskompetenzen im Medizinstudium.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel der Studie war es, den aktuellen Stand der eHealth-Lehre bezüglich Inhalte, (Vor-)Wissen und Vorbereitung auf den beruflichen Einsatz im Medizinstudium an der Universität zu Lübeck zu erheben.
Material und Methoden: Es wurde eine anonyme Online-Befragung unter aktuell eingeschriebenen Studierenden und Alumni der letzten fünf Jahre durchgeführt. Der Fragebogen umfasste Items zu Einstellungen, Wissenseinschätzung, Nutzungskompetenz, curricularen Inhalten sowie demografischen Daten. Die Auswertung erfolgte deskriptiv sowie mittels Korrelations- und Regressionsanalysen.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 106 Personen teil. 58,5% gaben an, keinen eHealth-Input im Studium erhalten zu haben. Während 65,5% der Studierenden entsprechende Lehre erinnerten, war dies bei 15,7% der Alumni der Fall. Am häufigsten wurden als Inhalte ePA, eRezept, Kommunikation im Gesundheitswesen (KIM) und TI-Messenger (TIM) genannt. Subjektives Wissen korrelierte signifikant mit der generellen Einstellung zu eHealth (ρ=0,312), Sicherheit (ρ=0,488) und Vorbereitung (ρ=0,479). Die stärkste Prädiktor-Variable für Vorbereitung war das Vertrauen im Umgang mit eHealth (β=0,621). Männer schätzten ihr Wissen signifikant höher ein. Jüngere Teilnehmende berichteten häufiger über eHealth-Lehre.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen deutlichen Verbesserungsbedarf in der curricularen Integration von eHealth. Eine strukturierte, langfristige Verankerung digitaler Gesundheitsinhalte ist essenziell, um Medizinstudierende auf zukünftige Versorgungsrealitäten vorzubereiten. Neben medizinischer Soziologie und Allgemeinmedizin sollte insbesondere die medizinische Informatik stärker eingebunden werden.
Take Home Message für die Praxis: Inhalte wie ePA, DiGA, Telemedizin, Datenschutz, KIM/TIM und Künstliche Intelligenz sollten systematisch und praxisnah vermittelt werden, um Ärzt:innen von morgen auf die digitale Transformation vorzubereiten. Digitale Gesundheitskompetenz gehört daher in die curriculare Lehre.