59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Systemische Belastung und psychische Beanspruchung bei Medizinstudierenden: Prävalenz und Prädiktoren von depressiven Symptomen an der Universität Oldenburg
Text
Hintergrund: Medizinstudierende weisen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein deutlich erhöhtes Risiko für depressive Symptome auf. Neben akademischem Druck können soziale Isolation, Persönlichkeitsmerkmale und finanzielle Belastungen eine entscheidende Rolle spielen.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz depressiver Symptome unter Medizinstudierenden der Universität Oldenburg zu erfassen und zentrale Risikofaktoren zu identifizieren, die zur psychischen Beanspruchung beitragen.
Material und Methoden: In einer querschnittlichen Online-Erhebung wurden 147 Studierende (finale Stichprobe: N=90) mittels validierter Fragebögen befragt. Zum Einsatz kamen u.a. der PHQ-9 zur Erhebung depressiver Symptome, der BFI-10 zur Erfassung von Persönlichkeitsdimensionen sowie zusätzliche Items zu Studienbelastung, sozialer Verbundenheit, BAföG-Förderung, Alkoholkonsum und körperlicher Aktivität.
Ergebnisse: 21% der Teilnehmenden berichteten moderate, 9,8% mittelschwere bis schwere depressive Symptome. Die mittleren PHQ-9-Werte lagen signifikant über denen der deutschen Allgemeinbevölkerung (p<.05). Lernzeit korrelierte positiv mit depressiven Symptomen (r=.23, p<.05), soziale Verbundenheit zeigte eine protektive Wirkung. Studierende mit BAföG-Förderung berichteten signifikant höhere Depressionswerte (p<.05, η²=.07). Während Konsumhäufigkeit von Alkohol keinen Einfluss hatte, war die Konsummenge pro Sitzung signifikant mit depressiven Symptomen assoziiert (r=.301, p<.05).
Diskussion: Besonders auffällig war die insgesamt deutlich erhöhte Prävalenz depressiver Symptome in der Stichprobe. Die Ergebnisse unterstreichen die Relevanz einer systematischen Erfassung psychosozialer Belastungen im Medizinstudium. Soziale Isolation, finanzielle Unsicherheit und hoher Leistungsdruck wirken sich besonders negativ auf die psychische Gesundheit aus, während soziale Eingebundenheit als schützender Faktor hervortritt.
Take Home Message für die Praxis: Um die psychische Gesundheit von Medizinstudierenden nachhaltig zu stärken, sollten Hochschulen gezielte, niedrigschwellige Maßnahmen wie Peer-Mentoring, finanzielle Beratung und curriculare Präventionsangebote implementieren.