59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Schmerzen und Depressionen in der Allgemeinbevölkerung – ein Scoping Review
2Klinikum Oldenburg, Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Oldenburg, Deutschland
Text
Hintergrund: Depressionen sind sowohl allein als auch im komorbiden Auftreten mit Schmerzen eine individuelle und gesellschaftliche Herausforderung. Die wechselseitige Beeinflussung in Bezug auf Symptomschwere und negativem Krankheitsverlauf machen eine zielgerichtete Erfassung beider Erkrankungen notwendig. Die existierende Forschung fokussiert häufig nicht die Allgemeinbevölkerung, sondern spezifische Populationen und Fragestellungen.
Zielsetzung/Fragestellung: Ziel des Scoping Reviews war es, einen Überblick über die weltweite Forschung zur gemeinsamen Erfassung von Depressionen und Schmerzen in der Allgemeinbevölkerung zu geben. Der Fokus lag auf den genutzten Messinstrumenten für beide Erkrankungen und der Darstellung komorbider Zusammenhänge.
Material und Methoden: Das Studienprotokoll wurde bei Open Science Framework registriert (https://doi.org/10.17605/OSF.IO/DCE3Q). Eine Suche in MEDLINE (via PubMed), PsycINFO (via EBSCOhost) und EMBASE (via Elsevier) erfolgte von deren Einführung bis zum 10. Dezember 2024. Wir schlossen Querschnitts- und Kohortenstudien mit ≥100 Teilnehmenden ab ≥14 Jahren ein, die Messinstrumente für beide Erkrankungen berichteten, sowie Angaben zu Depressionen und Schmerzen in Form von Häufigkeiten und/oder Effektschätzern machten. Einschränkungen hinsichtlich Publikationssprache/-datum wurden nicht vorgenommen. Die Datenanalyse erfolgte nach den Prinzipien von Arksey und O’Malley für die Erstellung von Scoping Reviews.
Ergebnisse: Von 16.916 identifizierten Dokumenten wurden 60 Studien in 61 publizierten Artikeln eingeschlossen, davon 40 Querschnitts- und 20 Kohortenstudien in einem Veröffentlichungszeitraum von 2001 bis 2024. Depressionen wurden mit 20 verschiedenen Messinstrumenten erfasst, darunter 17 standardisierte Instrumente (meist CES-D, GDS und PHQ) und drei fragenbasierte Tools. Schmerzen wurden mit 18 verschiedenen Messinstrumenten erfasst, darunter 15 standardisierte Instrumente (meist VAS, BPI und FPS-R) und drei fragenbasierte Tools. Die komorbide Prävalenz variierte stark (Schmerzen bei Depressionen: 1,2–87%; Depressionen bei Schmerzen: 0,5–84,5%).
Diskussion: Die Messinstrumente für Depressionen und Schmerzen waren insgesamt heterogen, somit ist ein Vergleich zwischen den Studien auf technischer Ebene nur bedingt herstellbar und die komorbiden Prävalenzen und Effektschätzer schwer in die Allgemeinbevölkerung zu übertragen.
Take Home Message für die Praxis: Bei Patient:innen mit depressiven Symptomen oder diagnostizierter Depression sollte in der klinischen Praxis eine Erfassung von Schmerzen mit standardisierten Instrumenten erfolgen.