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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Aspekte sekundärer Nutzung hausärztlicher Routinedaten für die Versorgungsforschung

Johannes Hauswaldt 1
1Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland

Text

Hintergrund: Elektronische Routinedaten aus hausärztliche Praxisverwaltungssystemen können unter Beachtung zwingenden Datenschutz- und IT-Sicherheitsanforderungen genutzt werden.

Zielsetzung/Fragestellung: Wir berichten von 20 Jahren Erfahrung bei Datengewinnung und ihrer wissenschaftlichen Aufarbeitung, von Ergebnissen, Limitationen und Gelerntem.

Material und Methoden: Systematischer Erfahrungsbericht rechtlicher, technischer und organisatorischer Aspekte der Datenverarbeitung, von Ergebnissen, neugewonnenen Kennzahlen und grundlegenden Limitationen.

Ergebnisse: Rechtlich. DSGVO, EHDS; Medizininformatik-Initiative: föderierte Datenhaltung, FDPG, Kerndatensatz, FortschrittsHubs. Fehlende Rechtssicherheit. Einwilligungsbasierung, fehlende Forschungsfrage; Datenhaltung FDZ.

Technologisch. HL7/FHIR; Ontologie SNOMED, rudimentär erstellt für die ambulante Versorgung. Proprietäre Datenmodelle der Praxisverwaltungssysteme. Fehlende Interoperabilität über alle Datenhaltungen; offene, funktionale, barrierefreie Schnittstellen sind gegenwärtig nicht verfügbar.

Organisatorisch. Forschungspraxen und Patienten, Expertise beim Forscher über Rahmenbedingungen und Primärdatengenerierung in Praxen, sichere Verarbeitungsumgebung, Datenschutz- und IT-Sicherheitskonzept, Datentreuhänder, nachhaltige Forschungsstrukturen, dauerhafte Finanzierung, Forschungspraxennetze, DESAM-ForNet.

Erkenntnisgewinn. Operationalisierungen: M2Q-Kriterium für chronische Erkrankung, Interkontakt-Intervalle für Episoden akuter Versorgung, Multimorbidität entsprechend NICE-Definition, Häufignutzer. Kontakzunahme vor Malignitätsdiagnose. Kernzahlen und „hidden variables“.

Limitationen. Unvollständige De-Identifizierung von Primärdaten, v.a. unstrukturierter Daten und von Freitexten; Datenqualität; Vergleichbarkeit; Übertragbarkeit.

Diskussion: Verarbeitung und Sekundärnutzung elektronischer Routinedaten für Versorgungsforschung erfordern tiefreichende Kenntnisse rechtlicher, technischer und organisatorischer Aspekte sowie detailliert der Rahmen-, Arbeits- und Datenverarbeitungsbedingungen in deutschen Hausarztpraxen.

Praxen benötigen Standards und Hilfsmittel zur Qualitätsverbesserung der Primärdatenerzeugung; Wissenschaftler offene Schnittstellen, Interoperabilität, nachhaltige Forschungsstrukturen, Forschungspraxennetze sowie Finanzierungssicherheit. Systematische sekundäre Nutzung von Routinedaten aus der Regelversorgung wird zum basalen Instrumentenwissen der Versorgungsforschung.

Take Home Message für die Praxis: Sekundäre Nutzung hausärztlicher Routinedaten bedarf vielfacher Bedingungen und ist fruchtbar.