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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Was bringt die Verordnung von Museumsbesuchen? Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten Studie „Erinnerungs_reich – Museen als Medizin für Menschen mit Demenz“

Michael Wächter 1
Annika Rettich 1
Jenny Petermann 1
Martina Bothur 1
Leo König 1
Karen Voigt 1
1Technische Universität Dresden, Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland

Text

Hintergrund: Menschen mit Demenz und pflegende Angehörige sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Im Setting der hausärztlichen Primärversorgung gilt es auch, psychosoziale und somatische Belastungen zu behandeln. Die Studie „Erinnerungs_reich – Museen als Medizin für Menschen mit Demenz“ untersucht die Wirksamkeit von demenzsensiblen Museumsangeboten für Menschen mit Demenz (MmD) und deren Angehörige.

Zielsetzung/Fragestellung: Welche Effekte hat die Intervention auf Gesundheitszustand, psychisches Wohlbefinden und Lebensqualität sowie Belastung der Patienten und Angehörigen?

Material und Methoden: Die randomisiert-kontrollierte Studie verglich eine 10-wöchige Intervention (demenzsensible Museumsführungen [IG] vs. ungeführte Museumsbesuche [KG]) mit 12 Besuchsgruppen. Datenerhebungen erfolgten mit Tandempaaren (MmD und Angehörige/r) vor (T0) und nach (T1) Interventionszeitraum sowie sechs Monate im Anschluss (T2). Die Stichproben umfassten T0: n=58, T1: n=51 und T2: 48 Tandempaare. Betrachtet wurden u.a. „care giver burden“ (Zarit-Burden-Interview, primäres Outcome), (gesundheitsbezogene) Lebensqualität (EQ-5D-5L), Wohlbefinden (Piktogramm-Skalen) sowie psychischer (GDS) und körperlicher Gesundheitszustand (PHQ-9, CIRS).

Ergebnisse: Für IG und KG ergab sich keine signifikante Verbesserung der „care giver burden“ von T0 zu T2. Von T0 nach T1 (p=0.044) wurde eine signifikante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (EQ-5D-5L) der Angehörigen der IG um 7,9 Punkte (VAS: 0-100) im Vergleich zur KG festgestellt. Die summative Analyse der situativen Erhebungen vor und nach allen Museumsbesuchen zeigte signifikante Verbesserungen des Wohlbefindens und der körperlichen Verfassung bei MmD und Angehörigen (p<0.001) in beiden Gruppen. Des Weiteren wurde eine signifikante Reduktion depressiver Symptomatik um durchschnittlich einen Scorepunkt (GDS: 0-15) bei den MmD (p=0.004) sowohl in IG als auch KG gemessen.

Diskussion: Die Studie zeigt, dass Museumsangebote ein präventives/kuratives Potenzial zur nicht-pharmakologischen Therapie haben. Sie ermöglichen soziale Teilhabe sowohl für MmD als auch für deren Angehörige. Eine Empfehlung zur Teilnahme an Museumsbesuchen ist sinnvoll, auch im Kontext eines „Social Prescribing“ und ein Museumsbesuch auf Rezept erscheint wünschenswert.

Take Home Message für die Praxis: Ein Museumsbesuch auf Rezept als Anstoßmotivation im hausärztlichen Kontext zur Nutzung von kulturellen Angeboten für pflegende Angehörige und Menschen mit Demenz kann zur Gesundheitsförderung der Betroffenen beitragen.