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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

RCT zum Sozialen Rezept: Perspektive der beteiligten Stakeholder – qualitative Interviews mit Hausärzt:innen, Link Workern, Praxis- und Studienpersonal und Vertreter:innen lokaler Angebote

Lena-Marie Großmann 1
Simon Hörmann 1
Niklas Jeske 1
Hendrik Napierala 1
Wolfram Joachim Herrmann 1
1, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland

Text

Hintergrund: Nicht-medizinische, soziale Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Einsamkeit beeinflussen Gesundheit und Behandlungsverlauf von Patient:innen maßgeblich und spielen in der Primärversorgung eine große Rolle. Aufgrund der fehlenden Kopplung von medizinischer und sozialarbeiterischer Versorgung können Hausärzt:innen allein diese Probleme oft nicht ausreichend adressieren. Das Konzept des „sozialen Rezepts“ aus Großbritannien begegnet dieser Lücke, indem Patient:innen mit psychosozialen Problemen in der Hausarztpraxis durch „Link Worker“ zu passenden lokalen Unterstützungsangeboten vermittelt werden.

Zielsetzung/Fragestellung: Im Rahmen der Machbarkeitsstudie zum „sozialen Rezept“ in Deutschland wird untersucht, wie beteiligte Stakeholder – Hausärzt:innen, Link Worker, Praxispersonal, Vertreter:innen lokaler Angebote und Studienpersonal – das Konzept und dessen Umsetzung im Rahmen der Studie bewerten. Im Fokus stehen die Perspektiven der Beteiligten auf Umsetzung, Praxistauglichkeit und Wirksamkeit der Intervention sowie erwartete Auswirkungen einer Implementierung im deutschen Versorgungskontext.

Material und Methoden: Von Mai bis August 2025 werden ca. 20 semistrukturierte, episodische Interviews mit beteiligten Stakeholdern durchgeführt. Die Interviews werden aufgezeichnet, transkribiert und mittels thematischen Kodierens ausgewertet.

Ergebnisse: Es wird mit einer hohen Belastung der Link Worker durch komplexe Problemlagen der Patient:innen gerechnet. Zudem werden Verbesserungsvorschläge zu Abläufen und interprofessioneller Zusammenarbeit erwartet. Hausärzt:innen und Praxispersonal berichten möglicherweise von Herausforderungen beim Einschluss von Patient:innen aufgrund von Zeitmangel und Mehraufwand, bewerten die Unterstützung durch Link Worker jedoch grundsätzlich positiv. Vertreter:innen lokaler Angebote sehen die Kooperation mit Link Workern vermutlich als Bereicherung.

Diskussion: Die qualitative Evaluation erlaubt ein tiefgehendes Verständnis der Implementierungsbedingungen, ergänzt die quantitative Studienkomponente und identifiziert zentrale Stellschrauben für eine mögliche Verstetigung des Konzepts in Deutschland.

Take Home Message für die Praxis: Das „soziale Rezept“ birgt großes Potenzial, soziale Probleme von Patient:innen strukturiert und nachhaltig in der hausärztlichen Versorgung anzugehen. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist es entscheidend, dass alle beteiligten Berufsgruppen aktiv bei der Ausgestaltung des Konzepts miteinbezogen werden.