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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Die hausärztliche Perspektive auf Post-COVID-ähnliche Symptome nach einer COVID-19-Impfung – Ergebnisse einer Umfrage in sechs deutschen Forschungspraxennetzen

Susanne Döpfmer 1
Christian Kretzschmann 2
Karola Mergenthal 3
Michael Pentzek 4
Andreas Polanc 5
Karen Voigt 6
1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
2Universitätsklinikum Würzburg, Institut für Allgemeinmedizin, Würzburg, Deutschland
3Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
4Universität Duisberg-Essen, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin, Gruppe Primärversorgungsforschung, Essen, Deutschland
5Universitätsklinikum Tübingen, Medizinische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
6Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden, Selbständiger Bereich Allgemeinmedizin, Dresden, Deutschland

Text

Hintergrund: Eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus dem Jahr 2023 stellt Hausärzt:innen (HÄ) in den Mittelpunkt der Versorgung von Patient:innen mit Long-/Post-COVID, einschließlich jener, deren Symptome nach einer COVID-19-Impfung („Post-Vac“) auftraten. Bisher gibt es keine Studien, die die Beratungsanlässe von Patient:innen mit dem Verdacht auf „Post-Vac“ oder die Perspektiven der HÄ zu diesem Thema untersuchen.

Zielsetzung/Fragestellung: Die „COVID_ShortForm_GP“-Studie war eine Pilotstudie mit primären Fragestellungen zur Prävalenz des Post-COVID-Syndroms in der Primärversorgung und der Einstellung der HÄ dazu. Das Ziel einer Teilstudie war es, darüber hinaus die Erfahrungen von HÄ in der Versorgung von Patient:innen mit dem Verdacht auf „Post-Vac“ zu untersuchen. Die sekundären Forschungsfragen der „Covid-Shortform-GP“-Studie konzentrierten sich daher auf die Einschätzung der HÄ, ob „Post-Vac“ eine eigenständige Erkrankung darstellt, sowie auf die berichteten Beratungsanlässe.

Material und Methoden: Die „COVID_ShortForm_GP“-Studie wurde in sechs Forschungspraxennetzen der „Initiative Deutscher Forschungspraxennetze“ mit 18 universitären Instituten sowie 156 Hausarztpraxen durchgeführt. Im Rahmen des über REDCap bereitgestellten Online-Fragebogens beantworteten die HÄ drei Fragen zu dem Thema "Post-Vac" entsprechend den sekundären Fragestellungen dieser Teilstudie. Die Analyse erfolgte deskriptiv-explorativ; Freitextantworten wurden mittels Inhaltsanalyse kategorisiert.

Ergebnisse: 42,9% der teilnehmenden HÄ betrachteten „Post-Vac“ als eine eigenständige Erkrankung. Mehr als 90% hatten bereits Patient:innen, die annahmen, an „Post-Vac“ zu leiden; 36,1% der HÄ hatten Patient:innen, bei denen sie selbst „Post-Vac“ vermuteten. Zu den typischen berichteten Beratungsanlässen gehörten kardiale Beschwerden, Fatigue, muskuloskelettale Schmerzen und neurokognitive Beeinträchtigungen.

Diskussion: HÄ betreuen Patient:innen mit Beratungsanlässen, die sie selbst oder die Patient:innen mit „Post-Vac“ assoziieren. Unsere Studie erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität, gibt aber erste Hinweise, dass die Mehrheit der HÄ damit konfrontiert sein könnte.

Take Home Message für die Praxis: HÄ sind in der Versorgung von Patient:innen mit Verdacht auf “Post-Vac“ mit Unsicherheit auf dem Boden fehlender Evidenz konfrontiert. Im Umgang mit Betroffenen haben daher die hausärztlichen Kernaufgaben Bedeutung: vorurteilsfreie Anerkennung der Symptome, kontinuierliche Betreuung, Berücksichtigung sozialer Aspekte sowie Schutz vor Unter-/Über- und Fehlversorgung.