59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Sollten Hausärzt:innen stärker in die Notfallversorgung eingebunden werden?
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin (CVK, CCM), Berlin, Deutschland
3Medizinische Hochschule Brandenburg, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
Text
Hintergrund: Notaufnahmen werden häufig von Patient:innen mit niedrig-akutem Beratungsanlass aufgesucht, was situativ zu einer Überlastung führen kann. Entsprechend einer 2021 veröffentlichten Untersuchung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung könnte ein beträchtlicher Teil dieser Personen auch in der Primärversorgung behandelt werden. Es bedarf dafür jedoch evidenzbasierter Konzepte zur Navigation von Notfallpatient:innen in eine adäquate alternative Versorgungsstruktur. Das Projekt „Patient:innennavigation in der deutschen Notfallversorgung (NODE)“ untersucht und vergleicht am Beispiel der Metropolregion Berlin drei bereits existierende Navigationsmodelle.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie werden bereits praktizierte Modelle der Patient:innen-Steuerung und integrativen Versorgung von Versorger:innen selbst bewertet und wie wird der Bedarf für einen Ausbau der Modelle eingeschätzt?
Material und Methoden: Für eine qualitative Datenerhebung wurden für die Notfallversorgung relevanten Berufsgruppen zu Fokusgruppendiskussionen eingeladen: niedergelassene Ärzt:innen, die über die kassenärztliche Vereinigung oder sonstige Organisationsformen an der Notfallversorgung beteiligt sind, an Notaufnahmen angestellte Ärzt:innen, Triagekräfte, Pflegepersonal und Medizinische Fachangestellte. Die Diskussionsrunden wurden sowohl online, als auch in Präsenz durchgeführt. Alle Gespräche wurden audio- und video-digital aufgenommen, pseudonymisiert und transkribiert. Codierung und Auswertung erfolgen entsprechend der Inhaltsanalyse nach Mayring.
Ergebnisse: Bislang wurden 3 Fokusgruppendiskussionen mit 13 Teilnehmenden durchgeführt: darunter 6 Ärzt:innen, 5 Pflegekräfte und 2 Triagekräfte. Die Teilnehmenden adressieren konkreten Reformbedarf bei der Akut- und Notfallversorgung durch passgenauere Steuerung. Dabei sollen ambulante Versorgungsmodelle weiter auf- und ausgebaut werden. Die Einschätzungen der Befragten werden auf dem Kongress präsentiert.
Diskussion: Erste Ergebnisse zeigen, dass aus Sicht der Versorgenden mehr Patient:innen mit niedrig-akutem Behandlungsanlass als bisher in ambulante Versorgungsstrukturen navigiert werden sollten. Um das System der Akut- und Notfallversorgung weiter zu entlasten, sollten Verfügbarkeit, Ausstattung und Verzahnung mit KV-Notdienstpraxen weiter ausgebaut werden.
Take Home Message für die Praxis: Aus Sicht der Befragten sollten innovative alternative Versorgungsstrukturen in der Notfallversorgung weiterentwickelt und Hausärzt:innen an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung stärker eingebunden werden.