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59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) e.V.
01.-03.10.2025
Hannover


Meeting Abstract

Hausärzt:innen in der Notaufnahme: effektive Lösung oder nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Felix Holzinger 1
Konrad Schmidt 1,2
David Legg 3
Daniela Krüger 3
Cornelia Wäscher 1
Sylwia Steinke 3
Martin Möckel 3
Christoph Heintze 1
Anna Slagman 3
Hendrik Napierala 1
1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
2Medizinische Hochschule Brandenburg, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
3Charité – Universitätsmedizin Berlin, Notfall- und Akutmedizin, Zentrale Notaufnahmen und Chest Pain Units Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland

Text

Hintergrund: Die Überlastung von Notaufnahmen ist weltweit ein Problem im Gesundheitswesen, das durch Patient:innen mit niedrig-dringlichen Beschwerden noch verstärkt wird. Die Integration von Hausärzt:innen in Notaufnahmen (GP-Streaming) wird als mögliche Lösung diskutiert.

Zielsetzung/Fragestellung: Wie effektiv und sicher sind Interventionen zur alternativen Versorgung von Notaufnahme-Patient:innen mit geringer Dringlichkeit?

Material und Methoden: Es wurde eine umfassende Literaturrecherche (u.a. in MEDLINE, EMBASE, CINAHL und der Cochrane Library) nach entsprechenden Interventionsstudien durchgeführt. Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien, nicht-randomisierte kontrollierte Studien, Zeitreihenanalysen und Vorher-Nachher-Studien. Die Zielgrößen umfassten Effektivität, Patient:innensicherheit und ökonomische Aspekte. Die Daten wurden mittels Random-Effects-Metaanalysen ausgewertet.

Ergebnisse: GP-Streaming-Interventionen (n=56 hierzu ausgewertete Veröffentlichungen) zeigten im Vergleich zu reinen Notaufnahme-Interventionen (z.B. low-acuity fast tracks) einen höheren Anteil von Patient:innen, die in alternativen Behandlungspfaden versorgt werden konnten. GP-Streaming führte zur Verkürzung der Aufenthaltsdauer in der Notaufnahme. Endpunkte der Patient:innensicherheit, z.B. der Anteil von Patient:innen, die ohne Behandlung die Notaufnahme verließen, sowie die Häufigkeit ungeplanter Wiedervorstellungen, verbesserten sich tendenziell oder blieben unverändert. Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von Notaufnahmen und die Kosteneffizienz bleiben aufgrund inkonsistenter Evidenz unklar.

Diskussion: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass GP-Streaming-Interventionen das Potenzial haben, die akutmedizinische Versorgung effizienter zu gestalten, ohne dass die Sicherheit beeinträchtigt wird. Allerdings sind die Effekte stark vom lokalen Umfeld und der spezifischen Umsetzung abhängig. Die Übertragbarkeit über Gesundheitssysteme hinweg bleibt unsicher.

Take Home Message für die Praxis: Die Einbindung von Hausärzt:innen in Notaufnahmen zeigt insgesamt vielversprechende Resultate, wobei die Daten sehr heterogen sind. Vor einer Implementierung sollten sorgfältige Analysen des spezifischen Kontexts erfolgen.