Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Forschungsarbeit im Medizinstudium: Implementierung, Herausforderungen und Perspektiven
2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Toxikologie, Hannover, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Die Vermittlung wissenschaftlicher Kompetenzen gewinnt in der medizinischen Ausbildung zunehmend an Bedeutung. Der aktuelle Referentenentwurf der neuen ÄApprO sieht eine verpflichtende wissenschaftliche Arbeit im Umfang von zwölf Wochen vor [1]. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wurde bereits im Studienjahr 2020/2021 ein longitudinales Wissenschaftsmodul eingeführt, in dessen Rahmen Studierende eine Forschungsarbeit (FA) im Umfang von 10–15 Seiten anfertigen. Ziel dieser Analyse ist es, die Implementierung der FA zu evaluieren, Herausforderungen zu identifizieren und Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen.
Methoden: Die Forschungsarbeiten des ersten Jahrgangs wurden inhaltsanalytisch untersucht, um das Fächerspektrum und die verwendeten Methoden zu erfassen. Die Kategorisierung erfolgte anhand einer von uns selbst entwickelten Themenvermittlungsdatenbank, die als Schnittstelle zwischen Studierenden und Dozierenden dient und die Zuweisung von Forschungsthemen erleichtert. Zudem erfolgte eine formative Evaluation auf Basis studentischer Rückmeldungen (N=74). Modulverantwortliche und Betreuende resümierten ihre Erfahrungen hinsichtlich Organisation und Didaktik.
Ergebnisse: Bislang wurden 180 Forschungsarbeiten abgeschlossen (Stand: 20.02.2025). Die Beteiligung erstreckt sich über eine Vielzahl von Kliniken und Instituten, allerdings ohne gleichmäßige Fächerrepräsentation. Mehr als die Hälfte der Arbeiten (52%) sind Literaturübersichten, 20% basieren auf klinischen oder epidemiologischen Datenanalysen, und 16% sind experimentelle Studien. Die Benotung unterscheidet nur geringfügig (MW: 1,3; SD: 0,6), wobei 75% der Arbeiten mit „sehr gut“ bewertet wurden. Aus Sicht der Studierenden (N=74) wird in erster Linie der zusätzliche Zeitaufwand im Studium kritisiert – rund ein Drittel wendet zudem mehr als die vorgesehenen sechs Wochen auf. Studierende kritisierten vor allem den zusätzlichen Zeitaufwand; etwa ein Drittel benötigte länger als die vorgesehenen sechs Wochen. Der größte Kompetenzzuwachs wurde in der wissenschaftlichen Literaturrecherche, -bewertung und -darstellung verzeichnet. Organisatorisch erwies sich die Einführung einheitlicher Betreuungs- und Bewertungsstandards als herausfordernd.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass eine wissenschaftliche Arbeit auch im Medizinstudium erfolgreich implementierbar ist und Studierenden erste Einblicke in die wissenschaftliche Praxis ermöglicht. Trotz organisatorischer Herausforderungen wird das Format von Studierenden und Betreuenden überwiegend positiv bewertet. Die Integration von Promotionsleistungen in das Modul sollte überarbeitet werden. Langfristig sind klar definierte Zeitfenster für wissenschaftliche Projekte im Curriculum essenziell.
Take Home Message: Einführung, Ablauf und Ergebnisse verdeutlichen, dass das Format der FA grundsätzlich im Medizinstudium implementierbar ist.