Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Coaching versus Demonstration: Eine empirische Untersuchung zur Effektivität medizinischer Lehrmethoden
2Harvard University, Havard Graduate School of Education, Cambridge (MA), USA
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Bei der Einführung medizinischer Skills müssen Lehrende entscheiden, wie sie ihre begrenzte Zeit zwischen Demonstration (Vorführung und Erklärung) und aktivem Coaching (Anleitung und Unterstützung) aufteilen [1]. Angesichts der zeitlichen Beschränkungen im Alltag ist derzeit unklar, welche Effekte diese Lehrmethoden auf das prozedurale Lernen haben.
Methoden: In einer 12-minütigen Notfall-Sonografie-Schulung (FAST) wurden 73 Studierende ohne Vorkenntnisse zufällig und verblindet in eine Demonstrations- oder Coaching-Gruppe zugeteilt. In der Demonstrations-Gruppe demonstrierten die Lehrenden eine Routineuntersuchung und erläuterten dabei ihre Vorgehensweise. In der Coaching-Gruppe explorierten die Studierenden selbstständiger, erhielten dabei durchgehend Unterstützung vom Lehrenden. Mithilfe von dualem mobilem Eye-Tracking und Tonaufnahmen wurden die Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden erfasst. In einem anschließenden OSCE wurde ermittelt, welche Lernbereiche sich unter welcher Bedingung verbesserten.
Ergebnisse: So zeigte die Coaching-Gruppe eine um 12% bessere Leistung bei der Interpretation dynamischer Sonographie-Bilder (p=0.014). Sie führten die Ultraschalluntersuchung 7% schneller durch (p=0.050) und wiesen einen Trend zu besseren praktischen Sonografiefähigkeiten auf (p=0.062). Bei der Interpretation statischer (nicht-bewegter) Sonographie-Bilder gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen (p=0.322). Entgegen der Erwartungen zeigten die Eye-Tracking-Daten keine gruppenspezifischen Unterschiede, die die Leistungseffekte erklären konnten. Allerdings standen zwei Verhaltensweisen in starkem Zusammenhang mit den Lernergebnissen: der Anteil geteilter visueller Aufmerksamkeit zwischen Lehrenden und Lernenden (β=0.316, p<0.001) sowie die Anzahl der während des Trainings gesprochenen Wörter (β=0.175, p=0.004).
Diskussion: Diese Studie liefert empirische Belege dafür, dass intensives Coaching bei der Einführung neuer medizinischer Fertigkeiten besonders effektiv sein kann. Beim Erlernen komplexer Prozeduren scheint direkte sensomotorische Erfahrung mit gezielter Unterstützung vorteilhafter zu sein als längere Beobachtungsphasen. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass medizinische Ausbilder*innen auch unter Zeitdruck den Studierenden mehr Möglichkeiten für praktisches Üben einräumen sollten, anstatt sich hauptsächlich auf demonstrationsbasiertes Lehren zu verlassen.