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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung


08.-10.09.2025
Düsseldorf


Meeting Abstract

Kontinuierliche Glukoseüberwachung in der Lehre: Ein Pilotprojekt zum Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen in den Gesundheitsberufen

Katharina Übelhör 1
Sylvia Kaap-Fröhlich 1
Diego Moretti 2
1ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Chemie und Biotechnologie (ICBT), Zürich, Schweiz
2FFHS – Fernfachhochschule Schweiz, Ernährung und Diätetik, Zürich, Schweiz

Text

Zielsetzung: Der Einsatz von kontinuierlichen Glukosemesssensoren (CGM) in der Ausbildung von Gesundheitsberufen eröffnet innovative Wege des praxisnahen Lernens zum Erwerb wissenschaftlicher Kompetenzen im Rahmen der Selbsttestung. In einem Pilotprojekt sollen erste Erkenntnisse dazu gewonnen werden.

Methoden: Im Zuge des Lebensmittelpraktikums nahmen 27 Studierende des Studiengangs «Ernährung und Gesundheit» der Fernfachhochschule (FFHS) an 6 Lektionen im HS 24 teil. Auf freiwilliger Basis konnten sich die Teilnehmenden einen CGM, Freestyle Libre® von Abbott, applizieren (N=25) [https://www.freestyle.abbott/en-ph/learn/freestyle-libre-basics.html]. Dazu wurde eine Nicht-Zuständigkeitserklärung bei der kantonalen Ethikkommission des Kantons Zürich eingeholt (ID Req-2024-00895). Die Studierenden erhielten eine theoretische Einführung und Anleitungen zur Dokumentation nach wissenschaftlichen Kriterien. Sie führten mehrere Versuche, basierend auf wissenschaftlicher Literatur, durch [1]. Die generierten Daten wurden statistisch ausgewertet. Die Evaluation der Veranstaltung wurde mittels Mentimeter® durchgeführt.

Ergebnisse: Die Studierenden gewannen individuelle und allgemeine Einsichten in die Beeinflussung des Glukosestoffwechsels. Sie wurden zudem vor Herausforderungen bei der praktischen Erhebung von Forschungsdaten gestellt. Nicht alle Sensoren wurden über die gesamte Laufzeit von 14 Tagen getragen. Der Sensor stellte keinen grossen Stressfaktor dar (N=18, Likert-Skala 4.1/10) und beeinflusste das üblichen Essverhalten kaum (Likert-Skala 2.9). 83% der Studierenden fühlten sich ausreichend auf die Durchführung vorbereitet. Als positive Aspekte wurden u. a. „spannende Beobachtungen“, als negative Aspekte u. a. „die Angst Diabetes zu haben“ benannt.

Diskussion: Die Lehrveranstaltung ermöglichte den Studierenden grundsätzlich anhand wissenschaftlicher Grundlagen eine eigene Forschungspraxis zu erleben und kritisch auszuwerten. Der Erwerb von wissenschaftlichen Kommunikationskompetenzen konnte zeitlich bedingt nicht berücksichtigt werden. Eine Übersicht der thematisierten Komponenten des wissenschaftlichen Kompetenzerwerbs dieser Lehrveranstaltung ist in Abbildung 1 [Fig. 1] zu finden.

Abbildung 1: Wissenschaftlicher Kompetenzerwerb. Thematisierte Komponenten des wissenschaftlichen Kompetenzerwerbs im Pilotprojekt in Anlehnung an Vogt et al. [2].

Das aktive Erleben der Forschungsrealität bietet Studierenden eine gute Gelegenheit, wissenschaftliche Kompetenzen zu erlangen. Allerdings erscheint es bei Experimenten, die wie hier im Selbsttest erfolgten, notwendig, das subjektive Erleben bewusst vom objektiven Erheben von Forschungsdaten abzugrenzen.

Das skizzierte Pilotprojekt bietet innovative Ansätze insbesondere für Studiengänge, die solche Möglichkeiten bisher nicht aufweisen, mono- wie auch interprofessionell [2]. Es kann dazu beitragen, zukünftige Fachkräfte mit einem tieferen Verständnis und einer gesteigerten Sensibilität auf die Herausforderungen des wissenschaftlichen Berufsalltags vorzubereiten. In weiteren Pilotierungen soll der wissenschaftliche Kompetenzerwerb von Anfang visualisiert und möglichst longitudinal implementiert werden.


References

[1] Burton P, Lightowler HJ. The impact of freezing and toasting on the glycaemic response of white bread. Eur J Clin Nutr. 2008;62(5):594-599. DOI: 10.1038/sj.ejcn.1602746
[2] Vogt M, Schuchardt N, Geissler ME, Bereuter JP, Geissler RB, Glauche I, Gerdes S, Deußen A, Günther L. Scientific competence during medical education – insights from a cross-sectional study at a German Medical School. BMC Med Educ. 2024;24(1):590. DOI: 10.1186/s12909-024-05470-7