Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung
Wissenschaftliche Arbeiten im Medizinstudium – eine qualitative Betrachtung der Betreuungssituation und des Erwerbs forschungsrelevanter Kompetenzen
2Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, Geschäftsbereich Studium und Lehrentwicklung, Abteilung Medizinische Ausbildungsforschung, Mannheim, Deutschland
Text
Fragestellung/Zielsetzung: Im Masterplan Medizin 2020 ist die Förderung wissenschaftlicher Kompetenzen als zentrale Maßnahme zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums formuliert [1]. Als Antwort darauf sollen sowohl der Erwerb dieser Kompetenzen als auch eine verpflichtende Forschungsarbeit in den Nationalen Kompetenzorientierten Lernzielkatalog 2.0 aufgenommen werden. Studierende, die eine biomedizinische Forschungs- oder Doktorarbeit durchführen, werden in der Regel von technischem und wissenschaftlichem Personal betreut [2]. Durch die Einführung einer verpflichtenden Forschungsarbeit ist mit einem erhöhten Betreuungsbedarf zu rechnen. Um diesem frühzeitig entgegenzutreten, untersucht diese Studie die aktuelle Betreuungssituation in biomedizinischen Laboren sowie die aus Sicht der betreuenden Personen notwendigen Kompetenzen der Studierenden für eine erfolgreiche Forschungs- oder Doktorarbeit.
Methoden: Zur Erfassung der Betreuungssituation sowie relevanter Kompetenzen der Studierenden wurde ein Fragebogen eingesetzt. Befragt wurden promovierte Wissenschaftler*innen (n=3), naturwissenschaftliche Promovierende (n=4) und technisches Personal (n=5) aus an medizinische Fakultäten assoziierte Forschungslaboren mit Erfahrung in der Betreuung von Medizinstudierenden. Die Betreuungssituation wurde sowohl quantitativ mittels Skalenabfrage als auch qualitativ durch Freitextantworten erhoben. Kompetenzen und weitere betreuungsrelevante Aspekte wurden ausschließlich qualitativ erfasst. Die Auswertung der Skalenabfragen erfolgte deskriptiv, die der Freitexte mittels thematischer Analyse [3].
Ergebnisse: Die quantitativen Daten zeigen, dass die befragten Personen die Einarbeitung von Medizinstudierenden als zeitintensiv und deren Vorbereitung durch das Studium als nicht ausreichend bewerten. Aus den qualitativen Daten wurden sechs Themen identifiziert, die die Betreuungssituation maßgeblich beeinflussen: Fachwissen, Lernfähigkeit und -bereitschaft, Verständnis für den Forschungsprozess, laborpraktische Fertigkeiten, Vorbereitung durch Naturwissenschaftler*innen und interne Organisation. Während das medizinische Fachwissen und die Lernbereitschaft der Studierenden als gut eingeschätzt wird, werden deutliche Mängel in den weiteren vier Themenbereichen benannt.
Diskussion: Eine Vorbereitung der Medizinstudierenden durch Naturwissenschaftler*innen könnte dazu beitragen, Theorie und Praxis zu verbinden und den Studierenden einen realistisches Bild des Forschungsprozesses zu vermitteln und gleichzeitig den zeitlichen Betreuungsaufwand zu verringern. Durch einen stärkeren Einbezug der Studierenden in die Projektentwicklung und Experimentplanung könnte die Entwicklung ihrer wissenschaftlichen Kompetenzen stärker gefördert werden.
Take Home Message: Um die betreuenden Personen in biomedizinischen Laboren zu entlasten und den Lernerfolg durch Forschungs- und Doktorarbeit sicherzustellen, bedarf es einer gezielten Vorbereitung der Studierenden.
References
[1] Kultusministerkonferenz. Masterplan Medizinstudium 2020. Berlin: Kultusministerkonferenz; 2017. Zugänglich unter/available from: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/170331_Masterplan_Beschlusstext.pdf[2] Bloch R, Würmann C. Wer lehrt? Strukturen und Akteure akademischer Lehre an deutschen Hochschulen. In: Brockerhoff L, Keller A, editors. Lust oder Frust? Qualität von Lehre und Studium auf dem Prüfstand. Bielefeld: wbv Media; 2019. p.45-53.
[3] Braun V, Clarke V. Using thematic analysis in psychology. Qual Res Psychol. 2006;3(2):77-101. DOI: 10.1191/1478088706qp063oa