59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
59. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
Hochschuldozierende als Change Agents – eine Didaktikschulung zu Planetary Health für Dozierende
Text
Hintergrund: Der Klimawandel stellt die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert dar. Der Gesundheitssektor ist sowohl Treiber des Klimawandels als auch mit dessen Folgen konfrontiert. Die notwendigen Anpassungen erfordern zeitnahe gesellschaftliche und institutionelle Veränderungen. Hochschuldozierende können als Change Agents weitreichende Veränderungen initiieren. In Kooperation mit dem Dieter-Scheffner-Fachzentrum wurde eine interdisziplinäre Didaktik-Schulung zu Planetary Health (PH) entwickelt und pilotiert.
Zielsetzung/Fragestellung: Wie bewerten Dozierende die Schulung und schafft sie ein Momentum zur Implementierung von PH in die medizinische Lehre?
Material und Methoden: Die 8-UE-Schulung umfasste ein gamifiziertes Selbstlernmodul (1), ein Präsenzmodul zu Klimawandel, Gesundheitsfolgen und didaktischen Visualisierungsmethoden (2), die Entwicklung eigener PH-Lehrmaterialien mit Peer-Review (3) und kollegialem Austausch (4). Die Evaluation erfolgte quantitativ (prä/post, 6-Monate-Follow-up) mittels Likert-Skalen sowie qualitativ durch teilnehmende Beobachtung. Die Ergebnisse flossen prozessorientiert in die Weiterentwicklung ein.
Ergebnisse: 18 Dozierende nahmen teil, 17 füllten den Eingangsfragebogen vollständig aus. Die Schulung wurde als sehr hilfreich bewertet, besonders die didaktischen Materialien und Praxisrelevanz (jeweils Median: 4, "trifft zu"). In der 6-Monats-Nachbefragung (Rücklauf: 6/17) sowie durch ergänzende Lehrveranstaltungsbesuche und qualitative Interviews konnte dokumentiert werden, dass etwa 13 Teilnehmende PH-Inhalte in unterschiedlichem Umfang implementiert hatten. Die qualitative Evaluation identifizierte kollegiale Vernetzung und konkrete Umsetzungshilfen als Schlüsselfaktoren für die erfolgreiche Integration. Die neu gegründete PH-Lehre-AG belegt die erfolgreiche Aktivierung der Dozierenden und schafft Momentum für die PH-Curriculumsintegration.
Diskussion: Die begrenzte Teilnehmerzahl zeigt ein zentrales Problem: im klinischen Alltag erhält das Thema oft geringe Priorität. Die positive Evaluation spricht für eine gute Akzeptanz – bei möglichem Selektionsbias durch vorab Interessierte. Die Umsetzungsrate nach sechs Monaten deutet auf eine nachhaltige Wirkung hin. Weitere Schulungen und langfristige Begleitung könnten die Integration von PH-Inhalten stärken.
Take Home Message für die Praxis: Eine systematische Implementierung von PH-Lehrinhalten durch gezielte Schulung von Dozierenden ist möglich und effektiv. Eine breitere Beteiligung erfordert jedoch institutionelle Anreize und curriculare Verankerung.